Medizin

Warum Aspirin und andere Medikamente Frauen nicht immer schützen

24.01.2022, 18:29 Uhr
· Online seit 22.01.2022, 17:31 Uhr
Die Medizin orientiert sich nach wie vor mehr an einem Geschlecht. Medikamente werden meist an männlichen Probanden getestet und die Ergebnisse anschliessend auf die Frau übertragen. Das kann mitunter gefährlich für das weibliche Geschlecht werden, wenn das Medikament nichts nützt.
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Nicht nur Krankheiten können unterschiedlich bei Männern und Frauen verlaufen, sondern auch die dagegen eingenommenen Medikamente haben oft eine unterschiedliche Wirkung. In der Medizin gilt nämlich der junge männliche Körper als Norm und die meisten Forschungsergebnisse werden an Männern und männlichen Tieren erhoben. Auch im 21. Jahrhundert ist die Unterrepräsentation von Frauen in der Erforschung der Medikamentenwirksamkeit immer noch ein Problem.

Warum wirken Medikamente anders bei Frauen? «Männer und Frauen sind genetisch, physiologisch und hormonell unterschiedlich eingestellt. Fast alle physiologischen Vorgänge im Körper sind beispielsweise hormonabhängig und damit unterscheidet sich eben auch die Wirksamkeit eines Medikamentes», so Dr. Markus Béchir, Leiter des Zentrums für Innere Medizin an der Hirslanden Klinik Aarau. Das bedeute, dass die Wirkung eines Medikamentes eben bei Männern und Frauen je nach Hormonausstattung unterschiedlich wirken könne. Auch im Rahmen des weiblichen Zyklus' kann die Wirksamkeit schwanken. «Im Extremfall hilft ein Medikament 14 Tage und danach 14 Tage nicht mehr», wie Béchir weiter ausführt.

Der Wirkstoff von Aspirin kann bei Frauen für schwere Nebenwirkungen sorgen

Viele Menschen greifen in der Schweiz präventiv nach einer Aspirin. Während Aspirin bei Männern das Risiko für einen Herzinfarkt deutlich senken kann, zeigen US-amerikanische Studien, dass viele Frauen dahingehend das Medikament umsonst einnehmen. Vor allem dann, wenn sie unter 45 Jahre alt sind. Auch die Nebenwirkungen zu dem Medikament sind bei Frauen völlig unterschiedlich. Der Wirkstoff bei Aspirin verursacht bei Frauen öfter schwere Blutungen im Magen oder im Darm. «Wenn ein Medikament nichts nützt, weil es zur Prävention nicht gebraucht wird, ist der einzig messbare Effekt eben potenzielle Nebenwirkungen und im Falle von Aspirin sind das am häufigsten Blutungen», bestätigt der Arzt. Generell leiden Frauen bei Medikamenten laut dem Wissenschaftsmagazin «Nature» viel häufiger unter Nebenwirkungen als es bei Männern der Fall ist.

Das Aspirin-Beispiel sei klassisch, teilt Béchir mit. «Entstanden ist es aus einem Interpretationsfehler der Studien. Wenn vor allem Männer betroffen sind, werden die Studien in der Regel vor allem mit oder an Männern durchgeführt – die Resultate anschliessend aber auch einfach auf die Frauen übertragen.» Die ganze genetische Situation sei aber viel komplizierter. «Deshalb haben wir begonnen, einzelne pharmakologische Gene bei Patienten und Patientinnen zu analysieren, um damit genau überprüfen zu können, ob die geplante Therapie überhaupt wirken kann.» Damit soll eine individuell abgestimmte Behandlung gewährleistet werden.

(sib)

veröffentlicht: 22. Januar 2022 17:31
aktualisiert: 24. Januar 2022 18:29
Quelle: ArgoviaToday

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