Coronavirus

In Zentralschweizer Spitälern werden wieder Operationen verschoben

· Online seit 18.11.2021, 06:47 Uhr
Erstmals seit rund einem Jahr hat das Zuger Kantonsspital nicht dringende Operationen verschoben. In Schwyz dürfte dies bald auch der Fall sein. Eine Triage von Geimpften und Ungeimpften lehnen die Spitäler jedoch ab.
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Die Zahl der Coronafälle in der Schweiz steigt wieder stark an. Dies wirkt sich auch auf die Spitäler aus, wie eine Umfrage der Luzerner Zeitung in allen sechs Zentralschweizer Kantonen zeigt. Sämtliche Spitäler berichten von einer hohen Auslastung. Besonders angespannt scheint die Situation im impfskeptischen Kanton Schwyz zu sein, wie die Zahlen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) zeigen. Stand Mittwoch befanden sich 37 Personen in einem der drei Spitäler im Kanton, was 12 Prozent der insgesamt verfügbaren Betten entspricht. In den anderen Zentralschweizer Kantonen bewegt sich die Belegung gemäss BAG zwischen 2,5 Prozent (Uri) und 5,8 Prozent (Zug).

Vor gut einem Jahr, bei insgesamt tieferer Belegung durch Infizierte, hatte sich das Spital Schwyz in einem Appell an die Bevölkerung gewandt und national für Aufsehen gesorgt. Aktuell sei die Belegung generell sehr hoch, heisst es auf Anfrage. «Inzwischen wird wieder eine eigene Covid-Station betrieben, dort liegen 15 Personen», schreibt eine Sprecherin des Spitals Schwyz. 16 der insgesamt 18 Patientinnen und Patienten seien ungeimpft. Von den drei Personen auf der Intensivstation sei keine geimpft.

Die hohe Auslastung führt dazu, dass das Spital Schwyz «vereinzelt» Covid-Patienten in ausserkantonale Spitäler mit freien Intensivplätzen verlegen muss. Zudem prüfe man täglich, ob nicht dringliche Eingriffe reduziert werden müssten. Es sei «sehr wahrscheinlich, dass es dazu kommen wird».

Angespannte Lage im Zuger Kantonsspital

An diesem Punkt bereits angelangt ist das Zuger Kantonsspital, schreibt Sonja Metzger, Leiterin Marketing:

Metzger erklärt zur hohen Auslastung, dass zwischen dem Ende der Herbstferien und dem Beginn der Weihnachtsferien viele Behandlungen durchgeführt würden. Die Covid-Patienten sind dann eine zusätzliche Belastung. Aktuell befinden sich elf auf der Bettenstation und vier auf der Intensivstation.

Luzern: Belastung für das Personal steigt

Die Covid-19-Situation am Luzerner Kantonsspital (Luks) verschärfe sich seit einigen Wochen, erklärt Christoph Henzen, Leiter Zentrum Luzern und Departementsleiter Medizin. Die Belastung für das Personal steige, jedoch nicht in demselben Ausmass wie vor einem Jahr. «Dass die Impfung vor schweren Erkrankungen schützt, stellt im Vergleich zu 2020 sicherlich eine Entlastung dar.» Die Hauptbelastung in den Intensivstationen seien jedoch ungeimpfte und schwerkranke Patienten. Die Stationen seien auch unabhängig von Covid stark beansprucht, so Henzen.

Im Kantonsspital Nidwalden liegen derzeit vier Covid-Patienten, die Hälfte davon auf der Intensivstation. Dank dem Impfschutz würden die Hospitalisierungen trotz steigender Fallzahlen derzeit – anders als vor einem Jahr – noch nicht zunehmen, heisst es auf Anfrage. «Die aktuellen Covid-Hospitalisierungen können bewältigt werden.»

Das Kantonsspital Uri behandelt derzeit drei Coronapatienten, davon eine Person auf der Intensivstation. Das Spital rechnet mit weiteren Hospitalisierungen. «Die Entwicklung der Fallzahlen ist beunruhigend», so das Spital.

Das Kantonsspital Obwalden ist «aktuell fast voll», wie dieses gegenüber unserer Zeitung mitteilt. Grund dafür seien nicht Coronapatienten, sondern chirurgische und medizinische Fälle sowie Geburten. «Die Impfung wirkt», schreibt eine Sprecherin. Seit September schwanke die Zahl der Covid-Patienten zwischen null und sechs. Das Spital in Sarnen hat selber keine Intensivstation. Personen, die intubiert werden müssen, werden ausserhalb des Kantons behandelt. «Die Tendenz der Verlegungen ist aktuell leicht steigend», heisst es.

Spitäler: Impfstatus ist kein Triage-Kriterium

Mit Besorgnis verfolgen nationale Gesundheitspolitiker die Entwicklung in den Spitälern. Einige fordern, dass eine Triage zwischen Geimpften und Ungeimpften erfolgt. Darunter ist auch Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel, Präsidentin der Gesundheitskommission. «Es kann nicht sein, dass Herzoperationen von geimpften Patienten verschoben werden, weil Ungeimpfte schwer an Corona erkranken und die Intensivbetten belegen», sagte sie gegenüber unserer Zeitung. Könnten sich die Spitäler eine solche Triage vorstellen, auch aus Sicht der Berufsethik?

Die angefragten Spitäler verweisen auf die Richtlinien der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften. «Der Impfstatus ist dort als Triage-Kriterium nicht vorgesehen», schreibt etwa Sonja Metzger vom Zuger Kantonsspital. Christoph Henzen vom Luzerner Kantonsspital nimmt zur politischen Forderung keine Stellung. Das Luks begrüsse, dass mit gezielten Massnahmen darauf hingearbeitet werde, eine Überlastung und damit eine Triage zu vermeiden. Anja Harsch vom Kantonsspital Nidwalden schreibt, die Frage einer Triage von Geimpften und Ungeimpften sei «aus rationaler und emotionsloser Optik nachvollziehbar». Ein Covid-Patient belege ein Intensivbett deutlich länger als andere Patienten. Trotzdem hält sie fest: «Jeder Patient, der eine intensivmedizinische Behandlung benötigt, sollte diese auch erhalten können.»

veröffentlicht: 18. November 2021 06:47
aktualisiert: 18. November 2021 06:47
Quelle: FM1Today

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