Eine Messe für Mandela

12.06.2015, 05:20 Uhr
· Online seit 01.01.2000, 00:00 Uhr
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Am Freitag wurde Mandelas 90. Geburtstag mit einem Konzert begangen, diesmal im Londoner Hyde Park. Doch seit 1988 ist eine Welle von Benefiz-Konzerten über uns gekommen, ob von den Prinzen Harry & William oder von Al Gore initiiert. Es ist nichts Aussergewöhnliches mehr, und in Zeiten, da im Internet jeder Musiker stets global präsent ist, wirkt ein internationales Fernsehkonzert sogar ein wenig altmodisch. Das Konzert stand unter dem Motto „46664“, Mandelas Häftlingsnummer auf der Gefängnisinsel Robben Island, die zum Zeichen seines Kampfes gegen die afrikanische Aids-Epidemie geworden ist. Es ging also um eine ehrenwerte Sache, doch der Abend kam nur schwer in Gang.

Zu Beginn war es noch hell in London, man hörte einen afrikanischen Chor und sah Folkloretänze. Quincy Jones, Peter Gabriel, Joan Baez oder Spice Girl Geri Halliwell kamen auf die Bühne und lieferten Glückwünsche und Spendenaufrufe ab. Bono von U2 war nicht da, aber weil Benefiz ohne Bono gegen Naturgesetze verstösst, sang er per nicht enden wollender Video-Einspielung eine Coverversion von Stevie Wonders „Happy Birthday“. Moderator Will Smith forderte das Publikum auf, sich an den Händen zu halten und zu sagen: „Wir haben es in der Hand!“

Dann der grosse Augenblick. Nelson Mandela wird auf die Bühne geführt, ganz langsam am Stock. Der Abend war an solch kitschigen Momenten nicht arm, andererseits wäre man wohl froh, den eigenen 90. Geburtstag als ähnlich jugendliches Fest zu feiern. Mandela selbst hielt eine völlig unkitschige Rede und forderte zum konsequenten Kampf gegen Aids auf. Er zog sich mit seiner Frau Graca Machel in seine Loge zurück, verfolgte das Konzert neben dem britischen Premierminister Gordon Brown und sah sehr zufrieden aus. Auf seiner grossen Geburtstagstour durfte es ihn optimistisch stimmen, dass sein Engagement zahlreiche Erben in der Popmusik gefunden hat. Und die veranstalteten eine gut vier Stunden lange Retro-Party, Eddy Grant sang „Gimme Hope Jo’anna“, und die Simple Minds sangen „Mandela Day“, ihren Titelsong für das 1988er-Konzert. Anders als 1988 stimmten sie die 80er-Jahre-Hymne „Don’t You“ an. Da reckten die 35- bis 40-Jährigen im Publikum begeistert die Fäuste in Londons diesigen Dämmerhimmel und sangen, dirigiert von Sänger Jim Kerr, jede Zeile mit: „Rain keeps falling down, down, down.“

veröffentlicht: 1. Januar 2000 00:00
aktualisiert: 12. Juni 2015 05:20

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