Nach Attacke auf Senior

Privatperson will Kopfgeld aussetzen – St.Galler Polizei und Bevölkerung klar dagegen

Marian Märki, 24. Januar 2023, 17:06 Uhr
Der Angriff auf einen Rentner in St.Gallen schlägt hohe Wellen. Einige wollen sogar eine Belohnung für die Ergreifung der Täter aussetzen. Diese «Engagement» sorgt nicht nur bei der Kantonspolizei St.Gallen für Kopfschütteln.

Quelle: FM1Today/Marian Märki/Philomena Koch

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Am Montag wurde bekannt, dass am Freitag ein 89-Jähriger in der Nähe des St.Galler Bahnhofs von Jugendlichen angegriffen wurde. Die Täter sind weiterhin unbekannt. Die Reaktionen auf den Vorfall fielen heftig aus. Dies zeigt ein Blick in die Kommentare auf Social Media. Eine Person hat dieser Redaktion sogar angeboten, eine Belohnung – oder besser gesagt ein Kopfgeld – von 2000 Franken für die Ergreifung der Täter auszusetzen.

Bei Hanspeter Krüsi, Mediensprecher der Kantonspolizei St.Gallen, löst dieses Angebot aber keine Freude aus. «Wir sind ganz klar dagegen, dass solche Belohnungen ausgesetzt werden», sagt Krüsi klipp und klar. Es gebe mehrere Gründe dafür. Zum einen sei die Schweiz ein Rechtsstaat, und in einem Rechtsstaat könne nur die Polizei ermitteln. Zum anderen sei das Zeichen, welches damit gesetzt werde, falsch. «Es kann doch nicht sein, dass man nur gegen Geld eine solche Tat meldet», echauffiert sich Krüsi. «Man muss doch als Mensch sagen: Das geht so nicht! Kein Mensch kann Gewalt tolerieren – ob es nun Geld gibt oder nicht», so der Polizeisprecher weiter. Er appelliert an die Zivilcourage.

Belohnung könnte Ermittlungen behindern

Denn solche Belohnungen könnten im schlimmsten Fall die Ermittlungen behindern. Zum einen, weil vielleicht falsche Hinweise eingehen, zum anderen, dass des schnöden Mammons wegen falsche Anschuldigungen gemacht werden. Zudem sei schlussendlich schwierig zu klären, wer Anspruch auf die Belohnung habe. Krüsi betont hier im Gespräch nochmals, dass nur die Polizei Ermittlungen anstellen sollte. Aus diesem Grund würde die Kantonspolizei auch nur im äusserten Notfall zu Belohnungen greifen. Dafür gebe es aber klare Abläufe und Regeln. Wann die Kantonspolizei St.Gallen das letzte Mal eine Belohnung ausgesetzt hat, kann Hanspeter Krüsi nicht genau sagen, es sei aber bereits «etliche Jahre» her.

St.Galler halten wenig vom «Kopfgeld»

Mit seiner Meinung, dass ein solches «Kopfgeld» der falsche Weg sei, steht der Polizeisprecher nicht allein da, wie eine Strassenumfrage von FM1Today rund um den St.Galler Bahnhof zeigt. So betont beispielswiese der 80-jährige Ruedi Hellmuth, dass dies ganz klar die Aufgabe der Polizei sei, solche Fälle aufzuklären. «Ich finde, dass das eine Bürgerpflicht ist, solche Sachen zu melden», so der Senior weiter. Auch Albert Gätzi hält von der Belohnung wenig. Er bezeichnet es gar als Selbstjustiz. Ebenfalls fragwürdig findet dies Barbara Wegelin: «Wir haben ein funktionierendes Justizsystem. Es gibt da andere Massnahmen, die man ergreifen kann.»

Auch bei den jüngeren Befragten stösst die Belohnung auf Skepsis. Zwar kann beispielsweise Blerta nachvollziehen, dass man eine Belohnung aussetzt. Doch auch sie findet, dass man eigentlich solche Dinge von sich aus melden sollte. Auch der 20-jährige Julian und sein gleichaltriger Kollege finden, dass die Belohnung falsch sei. Es sei Sache der Polizei und nicht von Privatpersonen.

Quelle: FM1Today
veröffentlicht: 25. Januar 2023 05:49
aktualisiert: 25. Januar 2023 05:49
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