Justiz

18 Jahre Freiheitsstrafe für Tötung der Eltern in Suberg

· Online seit 19.11.2020, 17:55 Uhr
Der junge Mann, der vor drei Jahren in Suberg seine Eltern erschlagen hat, muss 18 Jahre hinter Gitter. Das Regionalgericht in Biel hat ihn am Donnerstag der vorsätzlichen Tötung schuldig gesprochen.
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Damit liegt das erstinstanzliche Urteil in etwa auf der Linie der Staatsanwaltschaft, die eine Freiheitsstrafe von 20 Jahren wegen Mordes verlangt hatte.

Eine Qualifikation der Tat als Mord verneinte das Gericht jedoch am Donnerstag in Biel. Für einen Mord muss eine Tat besonders grausam und skrupellos begangen werden.

Das Beziehungsdelikt sei vielmehr das Resultat einer Gewaltspirale. Diese habe sich nach einem Streit der Eltern an jenem Abend zu drehen begonnen, betonte der Gerichtspräsident. Die Tat sei nicht von langer Hand geplant gewesen, sondern aus der Situation heraus erfolgt.

Dass der Angeklagte dabei vorsätzlich handelte, war für das Gericht klar. Wer mit einer 9,5 Kilogramm schweren Hantel gegen den Kopf der Opfer schlägt, will jemanden töten, kam der Gerichtspräsident zum Schluss.

Kein Totschlag

Die Verteidigung hatte auf Totschlag plädiert, also auf eine durch eine entschuldbare heftige Gemütsbewegung ausgelöste Tat. Auslöser sei ein Streit der Eltern gewesen, bei dem die Mutter verletzt worden sei. Da habe der Sohn die Kontrolle über sich verloren. Die Verteidigung forderte eine Freiheitsstrafe von unter sechs Jahren.

Auch diese Einschätzung hielt das Gericht nicht für angemessen. Zwar ging auch das Regionalgericht davon aus, dass es am Anfang unter den Eheleuten zu einem Streit gekommen war, bei dem die Mutter durch Absicht oder Unfall verletzt wurde.

Doch der elterliche Streit könne den Schweregrad der nachfolgenden Tat durch den Sohn nicht erklären. Weiter habe der Angeklagte nach einem Geständnis des Kernablaufs in vielen Einvernahmen wichtige Fragen nicht beantwortet, namentlich jene nach dem Motiv.

Zielgerichtet gehandelt

Ein weiterer Umstand, der für das Gericht gegen einen Totschlag sprach, war das Verhalten des Angeklagten nach der Tat. Der damals 24-Jährige habe durchaus zielgerichtet gehandelt und einen Einbruch vorgetäuscht, um von ihm als Täter abzulenken. Dabei habe der Täter mehrmals an den übel zugerichteten Leichen vorbeigehen müssen.

Er habe geduscht und sich mit seiner Freundin auswärts zum Essen getroffen. Die Frau sagte vor Gericht, dass ihr Freund sich an diesem Abend nicht aussergewöhnlich verhalten habe.

Heile Welt mit Abgründen

Die Tat im beschaulichen Dorf Suberg erschütterte die Bevölkerung im November 2017. Niemand konnte sich vorstellen, warum der Sohn einer nach aussen intakten Familie seine Eltern umgebracht hatte.

Nach einer unbeschwerten, behüteten Kindheit erwischte der Filius einen schweren Start ins Erwachsenenleben. Von Lehrabbruch und langer Arbeitslosigkeit war vor Gericht die Rede. Um die Hoffnungen der Mutter nicht zu enttäuschen verliess der junge Mann jeden Morgen das Haus der Familie, als ginge er zur Arbeit.

Während die Mutter dem Buben immer wieder Geld zusteckte, wenn er klamm war, wuchs offenbar der Unmut des Vaters darob. Doch auch dieser berappte Schulden des Sohnes.

Ob Geld ein Motiv für die Tat des Sohnes war, bleib auch vor dem Regionalgericht in Biel offen. Der Sohn wollte sich zur Tat nicht mehr äussern. Er habe Albträume und wisse mittlerweile nicht mehr, was Albtraum und was Realität sei, so seine Begründung.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ob es an die nächsthöhere Instanz weitergezogen wird, ist noch offen.

veröffentlicht: 19. November 2020 17:55
aktualisiert: 19. November 2020 17:55
Quelle: sda

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