Klima

Alarmierend wenig Schnee: Massive Trockenheit droht

27. Februar 2023, 11:13 Uhr
Angesichts der geringen Schneedecke in den Alpen und des regenarmen Februars droht laut Experten bald eine massive Trockenheit. In Frankreich, der Schweiz, Italien und in Teilen Österreichs liege aktuell viel weniger Schnee als üblich, sagte der Meteorologe Klaus Haslinger von Geosphere Austria.
ARCHIV - Blick auf die Berge im Val di Fiemme. Die Dürre im Norden Italiens nimmt nach Einschätzung von Umweltschützern immer alarmierendere Ausmaße an. Foto: Alessandro Trovati/AP/dpa
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In Italien schlägt die Umweltorganisation Legambiente Alarm. In den vergangenen Monaten seien 53 Prozent weniger Schnee gefallen als im langjährigen Mittel, warnt sie. Zudem sei der Regen ausgeblieben.

Die Poebene in Norditalien leiden stark unter der Trockenheit.

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Im Becken des Po, des grössten Flusses Italiens, sind die Niederschläge um 61 Prozent gesunken. In Frankreich wird nach mehreren praktisch regenfreien Wochen schon jetzt ein zweiter Dürre-Sommer in Folge befürchtet.

Blockierende Hochdruckgebiete

Verantwortlich für den geringen Niederschlag sind blockierende Hochdruckgebiete über Westeuropa, die Regenfronten abdrängen. Es sei nicht das erste Mal, dass solche Wetterlagen für extrem regenarme Jahre sorgten, sagte Haslinger. Schon vor 60 Jahren habe es über Jahre wegen einer bestimmten Temperaturverteilung über Land und Meer sehr wenig geregnet. «Damals fiel der Pegel der Donau auf ein Rekord-Tief», so der Meteorologe. Es gebe Indizien, dass die globale Erwärmung diese Temperatur-Muster begünstigen könnte.

Trockenheit wird sich deutlich verschärfen

«Wenn im Frühjahr das Wetter so ähnlich ist wie 2022, wird sich die Trockenheit deutlich verschärfen», warnt der Agrarmeteorologe an der Universität für Bodenkultur in Wien, Josef Eitzinger. Es zeichne sich ab, dass die Flüsse viel weniger Schmelzwasser transportieren werden. «Damit fehlt die Frühjahrsspitze, die auch wichtig für das Auffüllen von Grundwasser wäre.» In Frankreich weisen nach aktuellen Daten des nationalen Wassermonitorings von 422 beobachteten Grundwassergebieten schon jetzt 125 ein sehr niedriges Niveau auf.

In Venedig liegen Gondeln im Schlamm

Wegen der Trockenheit liegen die Gondeln Venedigs auf dem Trockenen.

Der Wassermangel setzt auch Venedig zu. Viele Gondeln liegen im Schlamm. Wegen des niedrigen Wasserstandes sind die kleineren Kanäle nicht mehr befahrbar. Bei Ebbe wurde zuletzt ein Wasserstand von mehr als einem halben Meter unter dem normalen Niveau gemessen.

Ganz Norditalien leidet unter lang anhaltender Trockenheit. Nach dem regenfreien Februar im italienischen «Food Valley» drohe ein Minus bei der nationalen Lebensmittelproduktion um 40 Prozent, schrieb die Zeitung «La Repubblica». Niemand könne sich dort an eine schlimmere Trockenheit erinnern.

In Norditalien ist von der Trockenheit die Lebensmittelproduktion stark betroffen

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Der Lago Maggiore ist laut Presseberichten nur noch zu 38 Prozent gefüllt, beim Comer See sieht es nicht besser aus. Aber auch weiter südlich in Italien macht sich die Trockenheit bemerkbar. Am Tiber in Rom sei der Wasserstand schon um 1,50 Meter gesunken, meldete die Hauptstadtzeitung «Il Messaggero».

Zahl der Dürren um 15 Prozent höher

Schneemangel im Winter führt zu Trockenheit im Sommer. 

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«Das Schneedefizit von heute ist die Trockenheit im nächsten Sommer und Herbst», sagte Manuela Brunner, Leiterin Hydrologie und Klimafolgen in Gebirgsregionen beim WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos. Die Auswirkungen haben über die Jahrzehnte deutlich zugenommen. Sie hat in einer Studie festgestellt, dass die Zahl der durch Schneeschmelzdefizite verursachten Dürren von 1994 bis 2017 um 15 Prozent höher war als in den Jahren 1970 bis 1993. Sie geht davon aus, dass der Trend sich fortsetzt, weil die Schneefallgrenze steige. Damit sinke die Menge an Wasserreserven, die im Schnee gespeichert seien.

Pegel des Neusiedler Sees auf Rekordtief

Wegen Rekord-Tiefstständen beim Grundwasser südlich von Wien müssten sich viele Landwirte auf Einschränkungen bei der Bewässerung der Felder einstellen, meint Eitzinger. Der Pegel des ökologisch besonders wertvollen Neusiedler Sees an der Grenze zu Ungarn – er wird vor allem von Regenwasser gespeist – ist so niedrig wie nie.

sda

Quelle: sda
veröffentlicht: 27. Februar 2023 13:03
aktualisiert: 27. Februar 2023 13:03
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