Parlament

Armeeangehörige dürfen keinen Einsatz in Heimen leisten

03.12.2020, 06:10 Uhr
· Online seit 03.12.2020, 06:05 Uhr
Viele Alters- und Pflegeheime haben akuten Personalmangel. Während sie weiterhin auf die Hilfe von Zivildienstlern und -schützern zählen können, werden zukünftig keine Angehörige der Armee in Heimen anzutreffen sein.
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Im Parlament wurde am Mittwoch darüber abgestimmt, ob Angehörige der Armee in der zweiten Welle zur Bekämpfung der Corona-Pandemie Assistenzdienst zugunsten der zivilen Behörden leisten dürfen. Im Ständerat war man sich uneinig, ob auch Pflege- und Altersheime die Hilfe der Armee beanspruchen können sollen. Nach einem Gleichstand der Stimmen, fiel die Entscheidung beim Stichentscheid gegen den Einsatz in Heimen aus. Die Abstimmung im Nationalrat bestätigte dies.

Bessere Abklärung vor Einsätzen

Verteidigungsministerin Viola Amherd räumte beim Einsatz der Armee in der ersten Welle Fehler ein. So seien die Anfragen der Kantone vollumfänglich erfüllt worden. Dies führte dazu, dass einige Armeeangehörige, die aus der Privatwirtschaft abgezogen wurden, keine Aufgaben hatten. Darum habe man die Kriterien jetzt verschärft und wo möglich sollen zuerst Private oder Zivilschutzleistende zum Einsatz kommen.

Der Entwurf des Bundesrats wurde im Stände- und Nationalrat ohne Gegenstimme angenommen, jedoch unter Ausschluss der Pflege- und Altersheime. Thomas Minder (SVP) begründete seinen Entscheid in der Ständeratssitzung damit, dass der Einsatz von Armeeangehörigen in Alters- und Pflegeheimen nicht sinnvoll wäre. So seien in verschiedenen Kantonen gewisse Pflege- und Altersheime fast oder ganz ausser Kontrolle geraten. Schutzkonzepte seien mangelhaft und Angehörige oder Mitarbeiter würden den Virus einschleusen. Die kritische Situation der Heime sei wegen dem Personalmangel, infolge zu vieler Corona-Quarantänefälle, entstanden.

Risikofreie Pflege nicht möglich

Für Daniel Höchli, Direktor von Curaviva Schweiz, sind diese Vorwürfe nicht haltbar. «Die Begleitung von unterstützungsbedürftigen Menschen ist auch mit Schutzkonzepten enorm anspruchsvoll», so Höchli gegenüber PilatusToday und Tele1. Denn die Pflege und Betreuung erfordere Nähe. Ebenfalls sei das Personal Teil der Gesellschaft, die derzeit anhaltend hohe Ansteckungszahlen ausweist. «Dies führt dazu, dass Mitarbeitende angesteckt werden und dann am Arbeitsplatz fehlen», so Daniel Höchli.

Sollte sich die personelle Situation in Alters- und Pflegeheimen nicht bessern, hätte dies einen Abbau der Leistungen zur Folge, erklärt Höchli. Darunter hätten die pflegebedürftigen und betreuten Menschen sowie deren Angehörige zu leiden, darum sollte dieses Szenario unter allen Umständen vermieden werden. Die zur Verfügung gestellten Armeeangehörigen hätte man durchaus brauchen können: «Sanitäter und Spitalsoldaten verfügen auch über eine Grundausbildung in pflegerischen Verrichtungen. Sie können Pflegepersonal unterstützen, indem sie bestimmte Pflegeleistungen und Betreuungsaufgaben übernehmen», so Daniel Höchli.

Keine unlimitierte Ressource

Verteidigungsministerin Viola Amherd machte darauf aufmerksam, dass die Ausbildungen in den zukünftigen Wiederholungskursen unter den fehlenden Armeeangehörigen leiden könnten. Bis zu vier Wochen, was zwei Drittel der gesamten WK-Zeit nach der Rekrutenschule ausmacht, könnten rein mit Einsätzen während der Corona-Pandemie vergolten werden. Diese Leute würden später fehlen und in zukünftigen Krisen könnte sich das negativ auswirken. Die Kräfte sollten darum in Spitälern zum Einsatz kommen und Heime sollten die anderen Ressourcen, wie beispielsweise Zivilschützer, ausschöpfen.

veröffentlicht: 3. Dezember 2020 06:05
aktualisiert: 3. Dezember 2020 06:10
Quelle: PilatusToday

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