Medizin

Besserer Zugang zu Psychotherapie könnte Wirtschaft um 300 Millionen entlasten

· Online seit 01.07.2020, 08:04 Uhr
Sinken die Hürden für eine Psychotherapie, könnte die Wirtschaft um einen hohen Millionenbetrag entlastet werden, sagt eine neue Studie. Frei praktizierende Psychologen sollen deshalb den Zugang zur Grundversicherung erhalten.
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Nehmen mehr Menschen mit psychischen Krankheiten eine psychologische Behandlung in Anspruch, dürfte die Wirtschaft insgesamt profitieren. Das sagt eine neue Studie, welche das Büro für arbeits- und sozialpolitische Studien (Bass) im Auftrag der Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen (FSP) durchgeführt hat. Alleine durch die Vermeidung von Produktionsausfällen wegen weniger Krankheitsabsenzen oder Fluktuationskosten können gemäss der Studie 278 Millionen eingespart werden, schrieb die FSP in einer Medienmitteilung vom Dienstag.

Ebenfalls könnten die Kosten um rund 50 Millionen reduziert werden, wenn Probleme früh erkannt und teure stationäre Aufenthalte vermieden werden können. Weitere 100 Millionen an Einsparungen schätzen die Studienautoren bei den Sozialwerken, weil weniger Leute in die Arbeitslosigkeit rutschen, Sozialhilfe oder Invalidenrente beziehen würden. Die Mehrkosten für die Krankenkassen beziffert die Studie auf 245 Millionen Franken, da schätzungsweise gut 100'000 Personen zusätzlich behandelt werden könnten.

Neues Modell sorgt für Chancengleichheit

Etwa 400'000 Personen mit einer psychischen Erkrankung blieben heute unbehandelt, schreibt die FSP. Um diesen Personen den Zugang zu einer Psychotherapie zu erleichtern, brauche es den Systemwechsel, den der Bundesrat vor einem Jahr initiiert hat. Dieser sieht vor, dass psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten künftig nicht mehr unter Aufsicht eines Arztes arbeiten müssen, sondern auf ärztliche Anordnung selbständig tätig sein und ihre Leistungen über die Grundversicherung abrechnen können.

«Das Anordnungsmodell sorgt für Chancengleichheit im Bereich der psychischen Gesundheit», lässt sich Yvik Adler, Co-Präsidentin der FSP, in der Mitteilung zitieren. Patientinnen und Patienten, die eine Behandlung nicht selbst zahlen könnten, blieben im aktuellen System oft zu lange unbehandelt. Die Krankenkassen äusserten sich gegenüber dem Systemwechsel in der Vernehmlassung kritisch und befürchteten Zusatzkosten von bis zu 500 Millionen Franken pro Jahr. (agl)

veröffentlicht: 1. Juli 2020 08:04
aktualisiert: 1. Juli 2020 08:04
Quelle: CH Media

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