Extremismus

Corona war kein Booster für Verschwörungstheorien

· Online seit 25.07.2022, 10:17 Uhr
Während der Coronapandemie kursierten allerhand Verschwörungstheorien. Doch jetzt zeigt eine Studie: Im Vergleich mit 2018 glauben heute weniger Menschen an solche Theorien. Generell hat politischer Extremismus abgenommen, doch die Fronten verhärten sich.
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Über Extremismus und Infragestellungen des politischen Systems ist während der Coronapandemie viel diskutiert und gestritten worden. An Demos und auf Social Media behaupteten Massnahmengegnerinnen und -gegner lautstark, dass die Pandemie geplant war, dass die Impfung ein Plan zur Dezimierung der Menschheit sei, oder dass die Vorkehrungen gegen Corona dem Aufbau einer Diktatur dienten.

In diesem Umfeld würde man vermuten, dass die Schweizerinnen und Schweizer generell empfänglicher für radikale Einstellungen geworden sind. Dem ist aber nicht so, wie eine Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) zeigt. Der Anteil Personen, die extremistischen Einstellungen zustimmen, sei im Vergleich mit 2018 sogar gesunken, schreiben die Forschenden um Dirk Baier, Professor am ZHAW-Institut für Delinquenz und Kriminalprävention.

Schweizerinnen und Schweizer sind bei politischen Themen entspannter

Die Entspannung der politischen Einstellungen zeigt sich nicht nur beim Thema Verschwörungstheorien. Auch die Ablehnung von Homosexualität, der Widerstand gegen die Zuwanderung und die Bereitschaft zu politischer Gewalt sind laut Studie signifikant gesunken. Gleichzeitig zeigt die Umfrage: Das Vertrauen in die Schweizer Demokratie bleibt hoch.

Was laut den Autorinnen und Autoren der Studie hingegen auffällt: Es gibt Hinweise auf eine Polarisierung in der Bevölkerung. Für einige Einstellungen zeige sich, dass sowohl der Anteil sehr ablehnender als auch der Anteil sehr zustimmender Befragter steige. Die Extreme nehmen also zu, wie es in der Studie heisst.

Massnahmengegner schrecken viele ab

Die Ergebnisse kommen auch für Studienleiter Dirk Baier überraschend. Während der letzten Jahre sei der Eindruck entstanden, dass die Coronakrise ein Treiber für Verschwörungstheorien sei. Dass die Pandemie aber eher als Bremser wirkte, sei möglicherweise darauf zurückzuführen, dass die Massnahmengegner lautstark und aggressiv aufgetreten waren.

Diese Form des Protestes habe offenbar eher abschreckend gewirkt. «Viele Menschen haben sich das nochmals genauer überlegt und sind dann aus einem verschwörungstheoretischen Denken herausgekommen», wird Baier von «SRF» zitiert.

Fronten verhärten sich

Baier geht davon aus, dass der Anteil der Menschen, die an Verschwörungstheorien glauben, wohl noch weiter abnehmen wird. Allerdings dürften jene, die solchen Theorien und dem politischen Extremismus bereits anhängen, sich weiter radikalisieren. Bei den Jungen gebe es etwa eine Tendenz in Richtung Öko-Terrorismus.

Der Grossteil der Schweizer Verschwörungstheoretiker und -theoretikerinnen sei allerdings älter, unsicher, habe ein eher pessimistisches Weltbild und nehme die Welt als ungeregelt wahr, so der Forscher.

(osc)

veröffentlicht: 25. Juli 2022 10:17
aktualisiert: 25. Juli 2022 10:17
Quelle: Today-Zentralredaktion

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