Corona-Tests bei Verstorbenen?

Das Märchen von der Corona-Prämie

04.12.2020, 10:35 Uhr
· Online seit 23.11.2020, 05:45 Uhr
Seit einigen Wochen macht diese Geschichte unter Corona-Massnahmen-Gegnern die Runde: Ein Verwandter eines Bekannten stirbt an einem Herzinfarkt. Der Arzt fragt darauf die Hinterbliebenen, ob er noch einen Corona-Test beim Verstorbenen machen dürfe, da er im Falle einer Infektion bis zu 4'000 Franken Prämie von der Versicherung erhalte. Was ist an dieser Geschichte dran?
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Ärztinnen und Ärzte sollen angeblich für jeden Corona-Toten von den Versicherungen zusätzliches Geld erhalten. Deshalb sei diese Zahl überhaupt erst so hoch. Diese Geschichte geistert in verschiedenen Kreisen rum. Die Motivation dahinter: Es soll der Eindruck entstehen, dass dank vieler Corona-Toten Leute finanziell profitieren und Massnahmen verschärft werden.

«Vor allem die Geschichte mit dem Vater mit Herzinfarkt kursiert in verschiedenen Versionen», sagt eine Frau, die im Gesundheitswesen arbeitet. Weiter: «Es tönt nach absolutem Humbug.» Auch mehrere Ärzte bestätigen diese Einschätzung.

Ein medizinischer Kodierer, der für die Kontrolle der korrekten Informationen aus den Spitälern und die Richtigkeit der abgerechneten Diagnosen und Behandlungen zuständig ist, sagt: «Covid-19 ist per se keine Todesursache, sondern das Versagen bestimmter Organe oder Organsysteme. Die eingetragene Todesursache ist an die medizinische Diagnose und des schlussendlich versagenden Organs gebunden.»

Nicht Covid-19 wird verrechnet, sondern die Behandlung

Spitäler können den Patienten oder Versicherungen nur die Behandlung des betreffenden Organs berechnen. «Wenn Diagnose und Behandlung nicht übereinstimmen, fällt dies im Prozess zur Erstellung der Fallkostenpauschale sofort auf und führt zu Nachfragen und Abklärungen. Manipulationen sind kaum möglich, da der Prozess über diverse Stellen läuft, die dann ja alle bestochen werden müssten», sagt der Kodierer, der anonym bleiben will.

Das System der Fallkostenpauschale ist unter Einhaltung des Datenschutzes mehrfach abgesichert und für die in- und externen Stellen wie Krankenkassen, Kanton und Bundesstellen transparent. Bei Betrug wird ein strafrechtliches Verfahren eingeleitet, das zur Folge hat, dass der Leistungsauftrag an die Erbringer (Spitäler/Mediziner) entzogen wird – das Risiko bei vorsätzlichen Betrugsfällen ist somit enorm hoch.

Vereinfacht: «Covid-19 kann man nicht verrechnen. Nur die Behandlung dazu. Würde jemand Covid-19 bei einem Patienten eintragen, würde rein gar nichts geschehen. Verrechnet werden Beatmung, Medikation, Isolationsmassnahmen und weitere Behandlungsmethoden.»

Das bestätigt auch die Insel Gruppe, die das Universitätsspital Bern führt. «Die Diagnose Covid-19 erzeugt keine zusätzliche Vergütung.»

Keine Tests bei bereits Verstorbenen

Beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) heisst es, dass ihm die Todesursachen der Coronafällen nicht bekannt seien: «Bei den in den Statistiken gemeldeten Todesfällen bei Covid-19 handelt es sich nicht um Todesfälle, die durch Covid-19 verursacht wurden, sondern um Todesfälle, die als covidbedingt gemeldet wurden. Konkret: Die BAG-Statistik enthält einfach die Todesfälle mit einem laborbestätigten positiven Covid-19-Test.»

Werden nun Verstorbene nachträglich auf das Coronavirus getestet, damit diese Statistik weiter hoch bleibt? Das BAG verneint. Auch alle angefragten Ärztinnen und Ärzte sehen in einem solchen Vorgehen keinen Vorteil. Eine Corona-Erkrankung werde bei den hospitalisierten Personen vor dem Todeszeitpunkt erkannt. Stirbt eine Person ausserhalb des Spitals, ergebe es wenig Sinn, nachträglich einen Test zu machen, da dieser höchstens Kosten verursache und niemandem etwas bringe. Auch den Ärzten oder Spitälern nicht, da schliesslich nichts dafür verrechnet werden könne.

veröffentlicht: 23. November 2020 05:45
aktualisiert: 4. Dezember 2020 10:35
Quelle: FM1Today

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