Bundesgerichtsentscheid

Der Gleichberechtigung einen Schritt näher?

24.04.2022, 11:52 Uhr
· Online seit 24.04.2022, 11:43 Uhr
Mütter und Hausfrauen haben nach einer Scheidung nun nicht mehr automatisch das Recht auf persönlichen Unterhalt. Das Bundesgericht entscheidet mit Signalwirkung und definiert die Ehe damit neu.
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Der Entscheid mit dem Kürzel 5A_568/2021 ist wegweisend. «Das Vorhandensein gemeinsamer Kinder allein», so das Bundesgericht in Lausanne, reiche nicht mehr aus, damit dem betreuenden Elternteil – meist der Mutter – «gebührender Unterhalt» zustehe. Das heisst, die Finanzierung des gewohnten Lebensstandards nach der Scheidung fällt nun weg, wie die «Sonntagszeitung» schreibt. In den meisten Fällen hat der Mann trotz veränderter Beziehungssituation der Ex-Frau so viel Geld bezahlt, dass sich diese kaum bis gar nicht einschränken musste.

Bundesgericht setzt mit dem Entscheid neue Massstäbe

Dem Entscheid ging eine Beschwerde gegen ein Scheidungsurteil des Zürcher Obergerichts voraus. Das Urteil beinhaltete, dass ein Mann jeden Monat über 10'000 Franken Unterhalt plus 4800 Franken an Wohnkosten sowie 350 Franken Hausratsversicherung bezahlen musste. Und das für die nächsten sechs Jahre, bis die gemeinsame Tochter die Oberstufe abgeschlossen hätte. Diese Regelung fand der Mann allerdings nicht in Ordnung und reichte eine Beschwerde in Lausanne ein. Dies gab ihm nun in einem Urteil vom 25. März recht.

Es ist nicht das erste Mal, dass das Bundesgericht im Familienrecht neue Massstäbe setzt. Der jüngste Entscheid reiht sich demnach in eine Folge von Urteilen aus Lausanne ein, die  konsequent die Gleichberechtigung umsetzen. Damit werden nun Regeln gekippt, die schweizweit bei Tausenden Scheidungen jahrelange Anwendung fanden.

Klingt erstmal fortschrittlich und zeitgemäss – aber:

Die Entscheide des Bundesgerichts haben nun ganz klare Konsequenzen. Frauen geraten zunehmend unter Druck, weil ihr Anspruch auf Finanzierung des Lebensunterhalts nach der Scheidung zunehmend eingeschränkt wird. Gemäss des Bundesamtes für Statistik (BfS) teilen sich in der Schweiz nicht einmal zehn Prozent der Paare mit Kindern Haushalt und Job zur Hälfte. Noch immer dominiert das Modell – er arbeitet Voll-, sie Teilzeit. Obwohl 80 Prozent der Schweizerinnen erwerbstätig sind, relativieren die tiefen Pensen die Zahl deutlich. So gesehen hat sich am altbekannten Ernährermodell doch nicht so viel verändert.

(sib)

veröffentlicht: 24. April 2022 11:43
aktualisiert: 24. April 2022 11:52
Quelle: ZüriToday

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