Die Schweizer Gleichgültigkeit macht Angehörige wütend
«Die Toten lassen die meisten kalt», sagt Niklaus H.* gegenüber der «Sonntagszeitung». Niklaus H. hat seinen Vater an die Pandemie verloren. Er wirkt konsterniert: Man tue so viel, damit auch 80-jährige Krebspatienten länger leben dürfen. Jetzt spiele dies plötzlich keine Rolle mehr.
Natürliche Auslese?
Auch Alberto Angerretti aus dem Kanton Waadt ist einer der Hinterbliebenen. Seine Mutter starb auf dem Höhepunkt der ersten Welle. Er fragt: «Ist das Coronavirus ein neues Element der natürlichen Selektion?» Man könnte es meinen, wenn man den politischen und gesellschaftlichen Debatten lauscht.
5'000 Kerzen für 5'000 Leben
Die «Sonntagszeitung» hat am Wochenende 5'000 Kerzen auf ihrer Seite aufgeschaltet. Eine für jeden Corona-Toten in der Schweiz. Den Wert hat die Schweiz in dieser Woche überschritten. Neben vielen Kerzen stehen Erinnerungen und Anekdoten aus dem Leben der Verstorbenen, die mehr waren als ihr Alter und ihre Vorerkrankung.
Unbestreitbar ist, dass die Schweiz anders mit ihren Toten umgeht als andere Länder. Italien hat den 18. März als Gedenktag für die Opfer der Pandemie beschlossen. Auch Bundespräsident Steinmeier hat sich in Deutschland für eine offizielle Trauerveranstaltung ausgesprochen. Und die Schweiz? Vielleicht nach der Skisaison.
(tma)