Graubünden

Diese 6 Dinge musst du zum drohenden Bergsturz in Brienz wissen

10.05.2023, 16:59 Uhr
· Online seit 10.05.2023, 16:51 Uhr
Warum wird Brienz GR gerade jetzt evakuiert? Welche Szenarien drohen laut Behörden? Hier findest du Antworten auf die drängendsten Fragen rund um den drohenden Bergsturz.

Quelle: TeleZüri/FM1Today

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Wieso gerade jetzt?

Dass der Fels oberhalb von Brienz im Kanton Graubünden locker ist, weiss man schon länger. Doch seit Ostern 2023 hat sich die Lage verschärft: «Die Geschwindigkeit der Rutschungen im Hang entwickelt sich derzeit exponentiell. Dauert die Entwicklung an, wird der Hang in 10 bis 20 Tagen eine extrem hohe Rutschgeschwindigkeit haben.» Das sagt Simon Löw, emeritierter Professor für Ingenieur-Geologie der ETH Zürich und Berater der Regierung Graubündens, gegenüber SRF.

Das Felsvolumen beträgt dabei ganze zwei Millionen Kubikmeter. Bei folgender Illustration dargestellt durch den violetten Bereich namens «Insel».

Was zurzeit dazukommt: Die Niederschläge der letzten Tage könnten die Geschwindigkeit zusätzlich erhöhen, sagte der Kommunikationsverantwortliche der Gemeinde Christian Gartmann gegenüber der Today-Redaktion. Deshalb hat der Führungsstab jetzt die Phase Orange ausgerufen – sprich: die Evakuierung von Brienz.

Wer muss das Dorf bis wann verlassen?

Bis Freitagabend um 18 Uhr darf niemand mehr im Dorf übernachten. Am Samstag darf die Bevölkerung tagsüber ins Dorf – vorausgesetzt, die Gefahrenlage lässt dies zu. Auch Haustiere wie Hunde und Katzen müssen mitgenommen werden. Lediglich das Grossvieh von zwei Bauernhöfen bleibt vorerst in den Ställen.

Die Zufahrtsstrassen sind aktuell nur noch für die 85 Einwohnerinnen und Einwohner von Brienz offen, ebenso für Besitzer von Liegenschaften im Dorf. Falls sich die Felsbewegungen weiter beschleunigen sollten, wird das Dorf komplett gesperrt.

Wie wird die Bevölkerung untergebracht?

Von den 85 Personen brauchen laut Gartmann 50 bis 60 Personen eine provisorische Unterkunft. Die Gemeinde hilft bei der Wohnungssuche. Allerdings haben noch nicht alle Personen eine Lösung gefunden.

Wie muss man sich den Bergsturz vorstellen?

Das wahrscheinlichste Szenario für Brienz: Es kommt immer wieder zu kleineren Felsstürzen mit jeweils tausend bis mehreren hunderttausend Kubikmetern. Für das Dorf wäre dies am harmlosesten.

Eine weitere Möglichkeit wäre ein langsames aber lange andauerndes Abrutschen, Löw beschreibt es so: «Möglich ist, dass sich der Hang einfach laufend noch schneller bewegt und sich daraus eine Art Fliessen entwickelt.»

Das extremste Szenario: es könnte einen grossen, schnellen und weitreichenden Bergsturz geben, mit mehr als 500'000 Kubikmetern. Dies hätte verheerende Folgen für das Bergdorf. Die Wahrscheinlichkeit darauf ist zwar relativ gering – völlig auszuschliessen ist dies aber nicht.

Ist der Klimawandel schuld?

Laut Experte Löw: Nein. Denn: «In Brienz gibt es keinen Permaforst, der auftaut. Auch gibt es keinen Zusammenhang zwischen den jährlichen Niederschlägen und der Rutschgeschwindigkeit des Hangs. Die Instabilität des Hangs in Brienz hat also nichts mit dem Klimawandel zu tun.»

Wie gehts jetzt weiter?

Aktuell gilt die Gefahrenstufe Orange. Sobald ein Abbrechen der Felsmassen noch drei bis zehn Tage bevorsteht, wird der Gemeindeführungsstab die Phase Rot verfügen. Das Betreten von Brienz ist dann auch tagsüber verboten, und das Grossvieh, das derzeit noch im Dorf bleibt, wird weggebracht. Die Kantonsstrasse Tiefencastel-Filisur, die Albulalinie der Rhätischen Bahn und die Passstrasse Tiefencastel-Lenzerheide bleiben vorerst geöffnet.

Unmittelbar vor einem Abbrechen verfügt die Behörde die Phase Blau und evakuiert die beiden westlichsten Häuser von Surava im Talgrund. Mehrere Strassen und die Albula-Bahnlinie werden dann gesperrt.

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(jaw/sda)

veröffentlicht: 10. Mai 2023 16:51
aktualisiert: 10. Mai 2023 16:59
Quelle: Today-Zentralredaktion

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