Frauenfeld TG

Er köpfte seine Oma: «Habe sie geliebt, als wäre sie meine Mutter»

25.11.2020, 14:41 Uhr
· Online seit 25.11.2020, 14:08 Uhr
Vor rund zwei Jahren tötete ein 19-Jähriger in Frauenfeld seine Grossmutter und trennte ihr den Kopf ab. Heute Mittwoch hat ihn das Bezirksgericht Frauenfeld für nicht schuldfähig erklärt – und zu einer stationären Massnahme und anschliessendem Landesverweis von 15 Jahren verurteilt.

Quelle: FM1Today / TVO

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Was für ein Mensch ist fähig, seine eigene Grossmutter mit einem Messer zu töten und sie anschliessend zu enthaupten? Mit dieser Frage musste sich heute das Bezirksgericht Frauenfeld befassen. Im Zentrum steht der Vorwurf der vorsätzlichen Tötung sowie die Störung der Totenruhe. Auf der Anklagebank sitzt ein heute 21-jähriger Mann, der gemäss psychiatrischem Gutachten an einer schweren, undifferenzierten Schizophrenie leidet.

«Es tut mir so leid, was passiert ist» 

«Ich war krank im Kopf und nahm Drogen», sagt der gebürtige Mazedonier mit italienischem Pass, als der Richter ihn nach dem Grund für die grausame Tat fragt. Mit tiefer Stimme und gebrochenem Deutsch fährt er weiter: «Es tut mir so leid, was passiert ist. Ich habe meine Grossmutter geliebt, als wäre sie meine Mutter.» Der etwas kräftige junge Mann, der seine langen Haare zu einem Dutt gebunden hat, schlägt die Hände vors Gesicht.

Am 16. Oktober 2018 soll der damals 19-Jährige, der die Lehre als Elektromonteur abgebrochen hat, seine Grossmutter im Schlafzimmer seines Bruders getötet zu haben. Gemäss Anklageschrift kniete die Frau gerade auf dem Boden und betete, als sie von ihrem Enkel von hinten überrascht wurde. Der Beschuldigte würgte sie mit beiden Händen so lange, bis sie blau anlief und ohnmächtig wurde. Danach stach er ihr mit einem Rüstmesser in den Brustkorb und trennte ihren Kopf ab. Er packte ihren Kopf anschliessend in einen Rucksack und flüchtete mit dem Zug Richtung Flughafen, wo er verhaftet wurde. In einem Brief verabschiedete er sich von seinen Eltern: «Mama und Papa, ich habe euch lieb, trotz unserer Schwierigkeiten. Lasst niemand herein. Es tut mir leid.»

Wollte Kopf ins Meer werfen

«Die Stimmen sind wie ein Magnet in meinem Kopf gewesen», sagt der Angeklagte, der die Tat von Anfang an zugab. Die Stimmen hätten ihm befohlen, den Kopf seiner Grossmutter ins Meer zu werfen und nach Mekka zu flüchten. Schon einige Wochen vor der Tötung seiner Grossmutter war der Beschuldigte auffällig geworden. Er hatte seinen jüngeren Bruder eingesperrt und drückte ihn während zehn Minuten gewaltsam auf die Matratze. «Er hatte rote Augen und ich dachte, ich müsse ihm den Teufel austreiben», so der Angeklagte später bei einer Einvernahme.

Apathie und Lachanfälle

Der junge Mann soll ausserdem häufig Marihuana geraucht und einem Kollegen ins Gesicht geschlagen haben. Seine Lehrstelle als Elektromonteur musste der 19-Jährige abbrechen, weil er eine Schusswaffe mit an den Arbeitsplatz brachte. Innert kurze Zeit gab es eine psychische Verschlechterung, die auch der Familie und dem Umfeld aufgefallen war. So verhielt sich der Beschuldigte öfter apathisch oder hatte lang andauernde Lachanfälle.

Brief an Oma

Das Schlusswort im Prozess nutzt der Angeklagte, um einen Brief an seine Grossmutter vorzulesen. «Ein Brief an dich, Oma. Ich hoffe, dass du mir vergibst. Ich erinnere mich an all die schönen Dinge, die wir erlebt haben. Hoffentlich findest du einen guten Platz im Himmel, zusammen mit Opa.»

Das Bezirksgericht Frauenfeld hat den Mann in den Hauptanklagepunkten für schuldunfähig erklärt. Er wird wie von der Staatsanwaltschaft gefordert zu einer stationären Massnahme (kleine Verwahrung) und einem Landesverweis von 15 Jahren verurteilt. Schuldig gesprochen wurde er wegen des Waffendelikts, Drogendelikts und einer Tätlichkeit. Hier wurde er zu einer Geldstrafe und einer Busse verurteilt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

veröffentlicht: 25. November 2020 14:08
aktualisiert: 25. November 2020 14:41
Quelle: FM1Today

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