Auch Sponsoring betroffen

Greenpeace will Werbung für Fleisch, Milch und Eier in der Schweiz verbieten

18.05.2022, 09:09 Uhr
· Online seit 18.05.2022, 08:24 Uhr
Werbung für tierische Produkte sei «manipulativ» und widerspreche den Nachhaltigkeitszielen, kritisiert Greenpeace. Die Umweltorganisation will diese darum in der Schweiz verbieten. Ausnahmen soll es nur für Hofläden geben.
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Mit fast 40 Millionen Franken jährlich fördert das Bundesamt für Landwirtschaft Organisationen wie Swissmilk oder Proviande. Mit dieser sogenannten Absatzförderung für Milch oder Fleisch aus der Schweiz versuchen diese Branchenorganisationen, den Umsatz der stark auf Viehwirtschaft ausgerichteten einheimischen Bauern anzukurbeln.

Umweltschützern ist diese Absatzförderung schon länger ein Dorn im Auge. Wie das «St.Galler Tagblatt» berichtet, schreibt Greenpeace Schweiz dazu in einer am Mittwoch lancierten Petition:«Tierprodukte als Lebensmittel belasten die Umwelt stärker als pflanzliche Lebensmittel.» In der Petition verlangt die Organisation nicht nur ein Ende der Absatzförderung für tierische Produkte, sondern gleich ein generelles Werbeverbot - auch für den gesamten Detailhandel.

Selbst «an öffentlichen Veranstaltungen, Orten, in Nachrichtenmagazinen und anderen Broschüren» will Greenpeace den Milch- und Fleischproduzenten Sponsoring künftig verbieten. Betroffen wäre auch «Lobbyarbeit an Schulen», namentlich Unterrichtsmaterial wie Znüniboxen, welche Branchenorganisationen wie Swissmilk den Kindern zur Verfügung stellen.

Greenpeace wirft der Branche «manipulative Werbung» vor

Greenpeace begründet die ultimative Forderung damit, dass die Werbung für Fleisch, Milch und Eier manipulativ sei. Die Umweltorganisation untermauert den Vorwurf durch eine gleichentags veröffentlichte Studie. Für diese wurden 600 Werbungen untersucht, die zwischen 2018 und 2019 von Grossverteilern und Produzentenorganisationen geschaltet wurden.

Diese operierten mit Bildern von heiler Natur, traditioneller Landwirtschaft und Schweizer Traditionen, kommt die Auftragsstudie zum Schluss. Angesichts der Realitäten der hiesigen Tierhaltung sei dies irreführend, kritisiert Greenpeace. Ganz besonders stösst sich die Umweltorganisation daran, dass dabei Grossverteiler mit einem ökologischen Image operieren.

Die Werbung gehe direkt auf ökologische oder tierschützerische Bedenken ein und verdrehe sie zur Aussage: «Wer Schweizer Milch oder Fleisch konsumiert, schützt die Natur», wird Alexandra Gavilano in der Mitteilung zitiert. Doch, so die Greenpeace-Ernährungsexpertin weiter: «In Wahrheit schadet der Konsum dieser Produkte dem Planeten.»

Ausnahmen gäbe es nur für Hofläden und Dorfmetzger

Ausnahmen vom Werbeverbot für tierische Produkte soll es nur für «Produzierende mit Direktverkauf» geben, erläutert Greenpeace-Sprecherin Michelle Sandmeier gegenüber CH Media. Hofläden könnten ihre Produkte also weiterhin bewerben. Auch der Dorfmetzger wäre nicht betroffen. «Das Verbot soll dort greifen, wo die Marktmacht ist», sagt Sandmeier - also bei grossen Detailhändlern wie Migros, Coop, Denner, Aldi oder Lidl.

Neu ist die Forderung nicht. 2021 reichte die Zürcher Nationalrätin Meret Schneider (Grüne) beispielsweise ein Postulat zu «Werbung und Aktionen auf Produkte, welche den Ziele der Ernährungsstrategie des Bundes zuwiderlaufen» ein. Im Blick hatte sie dabei vor allem Werbung für Fleisch aus Übersee.

Und 2019 hatte die Veganervereinigung SwissVeg in einem Brief an die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats gefordert, dass keine öffentlichen Gelder mehr in die Fleischwerbung fliessen dürfen. Der damalige Basler SP-Nationalrat Beat Jans brachte das Thema bereits 2015 mit einer Interpellation auf das politische Parkett. Er regte darin an, dass es staatlich subventionierte Fleischwerbung nur noch für ökologisch vorbildliche Produktion geben dürfe. Allerdings erfolglos.

Fleischproduzenten wehren sich schon länger gegen Angriffe von Links-Grün

Die neue Petition von Greenpeace bestätigt Befürchtungen namentlich der Fleischproduzenten: Sie sehen sich zunehmend im Fadenkreuz der Klimabewegung. «Manche sprechen über Fleisch, als wären es Zigaretten», sagte etwa Mike Egger, SVP-Nationalrat und gelernter Fleischfachmann 2019 als Reaktion auf eine Forderung der Grünen nach Massnahmen zur Senkung des Konsums von Fleisch. Dies werde der Schweizer Landwirtschaft nicht gerecht. «Massentierhaltung wie in der EU gibt es bei uns nicht», erklärte Egger.

Der Branchenverband Proviande weist ausserdem seit längerem darauf hin, dass er für einen gemässigten Konsum stehe: «Auch wir unterstützen die Empfehlungen der Lebensmittelpyramide, und damit einen gemässigten Konsum von Fleisch», hiess es etwa von Regula Kennel, Leiterin Unternehmensentwicklung bei Proviande.

veröffentlicht: 18. Mai 2022 08:24
aktualisiert: 18. Mai 2022 09:09
Quelle: St.Galler Tagblatt/Peter Walthard

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