Mordprozess

Hohe Strafanträge der Anklage am Bezirksgericht Meilen ZH

· Online seit 09.06.2020, 13:30 Uhr
Im Prozess um die Tötung einer 73-jährigen Frau im August 2016 in Küsnacht hat der Staatsanwalt am Dienstag hohe Strafanträge gestellt. Für ihn zeigen die Indizien ein klares Bild.
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Für den 37-jährigen mutmasslichen Auftragsmörder verlangt der Ankläger eine Freiheitsstrafe von 19,5 Jahren wegen Mordes, Raubs und anderer Delikte. Für die 46-jährige Frau, welche die Tötung ihrer Mutter in Auftrag gegeben haben soll, beantragte er 18,5 Jahre wegen Anstiftung zum Mord.

Der 31-jährige mutmassliche Mittäter soll wegen Mordes und weiterer Delikte mit 15,5 Jahren Freiheitsentzug bestraft werden. Er hat sich allerdings nach Kolumbien abgesetzt.

Noch keinen Strafantrag gibt es für den vierten Beschuldigten, einen 29-jährigen Töffmechaniker, der nichts mit der Tat an sich zu tun hatte und nur einiger Strassenverkehrsdelikte angeklagt ist. Die Urteilseröffnung ist für September vorgesehen.

Ein klares Bild

Die Beschuldigten weisen jede Schuld von sich. Das Gericht hat sich deshalb ausschliesslich auf Indizien zu stützen. Diese müssen in ihrer Gesamtheit ein klar erkennbares Bild ergeben. An der Schuld der Beschuldigten dürfen keine vernünftigen Zweifel bleiben.

Dies treffe im vorliegenden Fall unzweifelhaft zu, sagte der Staatsanwalt, der die akribische Puzzlearbeit der Ermittler deutlich machte. Es handle sich klar um einen Auftrags- und Raubmord, und niemand anderer als die Beschuldigten kämen als Täter in Frage. Das Bild sei klar erkennbar, ungeachtet der zahlreichen Lügen, welche die Beschuldigten auftischten.

Wiederholte Lügen

Der 37-jährige Bauarbeiter hatte ausser in einer ersten Befragung - damals noch nicht als Beschuldigter - während der Ermittlungen und in der Hauptverhandlung jegliche Aussage verweigert. Schon während jener ersten Befragung habe er allerdings nachweislich gelogen, sagte der Ankläger.

Die 46-Jährige dagegen gab Auskunft. Laut Staatsanwalt sind ihre Aussagen aber nicht glaubhaft. Sie habe immer und immer wieder klar gelogen. «Wir haben keine Lügensignale - wir haben Lügen».

Als Motiv für den Tötungsauftrag, für den die Frau eine Belohnung von 300'000 Franken in Aussicht stellte, steht laut Anklage Habgier. Die Beschuldigte habe Angst gehabt, von der Mutter enterbt zu werden. Damit wären ihr Millionen entgangen.

«Keine Perspektiven»

Die beiden Frauen hatten ein stark angespanntes Verhältnis. Die Tochter war von früher Jugend an drogen- und medikamentensüchtig. Sie schluckte beispielsweise exorbitante Mengen von Ritalin. Einen grossen Teil beschaffte ihr die Mutter, eine Ärztin, die damit ihre Zulassung aufs Spiel setzte.

Gegenüber ihrem Umfeld hatte die 73-Jährige wiederholt ihre wachsende Verzweiflung über die Tochter geäussert, und erklärt, sie wolle sie nicht mehr unterstützen. Sie sehe wegen der Tochter «keine Perspektiven mehr», schrieb sie in einer SMS keine zwei Tage vor ihrem Tod an ihren Sohn.

Reichlich DNA-Spuren

Laut Anklage erstickte der 37-Jährige in den frühen Morgenstunden des 20. August 2016, einem Samstag, die 73-jährige krebskranke Ärztin in deren Villa in Küsnacht, wie die Untersuchungen der Rechtsmediziner ergaben. Er hinterliess dabei gemäss Spurensicherung reichlich DNA-Spuren.

Auftrag, Hausschlüssel und die nötigen Informationen soll die Beschuldigte ihm gegeben haben. Der 31-Jährige soll bei der Tat dabei gewesen sein, seine genaue Rolle ist unklar.

Die Täter steckten Bargeld, Schmuck und Kreditkarten des Opfers ein. Den versprochenen Lohn von 300'000 Franken erhielten sie allerdings nie - die Konten der Toten waren nach deren Auffinden gesperrt worden. Der Sohn hatte seine Mutter am Tag nach deren Tod aufgefunden - im Bett liegend, mit einem Kissen über dem Gesicht.

veröffentlicht: 9. Juni 2020 13:30
aktualisiert: 9. Juni 2020 13:30
Quelle: sda

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