«Dankeschön-Batzen»

In welchen Branchen gibt man Trinkgeld? – Knigge-Expertin klärt auf

· Online seit 24.06.2022, 07:34 Uhr
Wenn man im Restaurant einen guten Service bekommt, dann können die Mitarbeitenden mit einem saftigen Trinkgeld rechnen. Doch wie sieht es beim Coiffeur oder im Detailhandel aus? Eine Knigge-Expertin erklärt, wann und wo man ein Trinkgeld geben muss.
Anzeige

Trinkgeld zu geben, ist in der Schweiz kein Muss. In gewissen Branchen, wie beispielsweise in der Gastronomie, ist das Hinterlassen eines Trinkgelds selbstverständlich. Doch wie sieht es in anderen Branchen aus? Muss man beispielsweise dem Coiffeur oder dem Detailhändler einen «Dankeschön-Batzen» hinterlassen? ArgoviaToday hat bei einer Knigge-Expertin und mehreren Branchen nachgefragt.

«Die Art, wie man das Trinkgeld gibt, ist entscheidend»

Obwohl der Haarschnitt mal wieder besonders gut war, mehr als ein Händedruck springt normalerweise nicht heraus. Laut Katrin Künzle, Knigge-Expertin, ist das keine Seltenheit. «In der heutigen Zeit ist es nicht obligatorisch, dass man ein Trinkgeld ausgibt und wird deshalb auch nicht erwartet.» Trotzdem soll es laut der Knigge-Expertin nicht in Vergessenheit geraten. Es gilt der Massstab: «Wenn man mit einer Dienstleistung zufrieden ist, dann sollte man das anhand eines Trinkgelds auch zeigen.» Das gilt für alle Branchen. Die Höhe spielt dabei keine Rolle: «Ich empfehle, den Betrag aufzurunden und noch ein bis zwei Franken draufzulegen. Es signalisiert dem Dienstleistenden, dass man mit der Arbeit zufrieden ist.»

Zu beachten gilt dabei laut Künzle vor allem, wie man das Douceur austeilt: «Man sollte das Geld so dezent wie möglich übergeben. Zudem sollte man sich einen dummen Spruch oder Kommentar unterlassen.» Geben sollte man das Trinkgeld den Angestellten und nicht der Geschäftsführung. «Diese können es viel besser gebrauchen», so Künzle. Falls es ein «Trinkgeldkässeli» an der Kasse hat, kann man den Batzen auch dort hinterlassen.

«Wir sehen es als eine schöne Geste an»

Dass es keine feste Regelung beim Geben von Trinkgeldern gibt, ist auch Marc Müller, Geschäftsführer vom Blumengeschäft The Bloomery bewusst. Wenn ein Kunde jedoch glücklich über einen Blumenstrauss oder das Arrangement ist, kann es schon mal zu einem Trinkgeld kommen. Laut Müller spielt bei dem Trinkgeld ein weiterer Faktor eine grosse Rolle: «Wenn eine Sympathie zwischen Kunde und Florist da ist. Das ist oft ein wichtiger Part.» Weiter erzählt der Geschäftsführer, dass ihre Blumenchauffeure oft etwas Trinkgeld kriegen. «Dies mehrheitlich von der älteren Kundschaft», so Müller. Anders als in der Gastronomie sind die Floristen nicht auf ein Trinkgeld angewiesen. «Wir sehen es jedoch als eine schöne Geste, erwarten oder verlangen das aber nicht vom Kunden», so Müller. Wenn es Trinkgeld gibt, wird es unter dem Team aufgeteilt.

Auch beim Coiffeur ist man nicht verpflichtet, nach der Dienstleistung einen Batzen zu hinterlassen. Wie Damien Ojetti, Zentralpräsident bei Coiffure Suisse, sagt, ist das seit Jahren veraltet: «Das Trinkgeld wurde bei den Coiffeuren in der Schweiz 1982 offiziell abgeschafft.» Trotzdem kommt es vermehrt vor, dass Kundinnen und Kunden ein Trinkgeld hinterlassen. «Das Trinkgeld ist ein Brauch, der sich vielerorts hält», so Ojetti. Es wird auch bei ihnen als schöne Geste und Wertschätzung der Kunden gegenüber der Arbeit der Coiffeure gesehen.

Weniger Trinkgeld seit der Digitalisierung

In der Zeit von Twint und Kartenzahlung, vergisst man auch vermehrt den zusätzlichen «Dankeschön-Batzen». Doch die Digitalisierung hat die Situation auch erschwert, wie Müller sagt: «Der Kunde wünscht manchmal, dass der Betrag beim Einkassieren erhöht werden soll. Dies geht je nach Kartenlesegerät nicht.» Man müsse aber auf das Trinkgeld trotzdem nicht verzichten: «Wenn der Kunde mit Karte bezahlt, kommt es oft vor, dass sie noch ein paar Franken aus dem Portemonnaie kramen.» Dieses wird dann ins «Trinkgeldkässeli» gegeben.

Die Digitalisierung macht sich auch bei den Pizza-Lieferanten bemerkbar, wie Patrick Bircher, Geschäftsführer von Dieci, bestätigt: «Seit man die Pizzen online bestellen kann und diese mit Twint oder der Kreditkarte bezahlt, bekommen wir leider nur noch wenig Trinkgeld.» Es hat sich laut Bircher über die letzten Jahre fast halbiert.

(mbr.)

veröffentlicht: 24. Juni 2022 07:34
aktualisiert: 24. Juni 2022 07:34
Quelle: ArgoviaToday

Anzeige
Anzeige
redaktion@pilatustoday.ch