Tourismus

«Jeder vierte Tourismusbetrieb ist existenziell gefährdet»

30.03.2020, 07:13 Uhr
· Online seit 30.03.2020, 07:03 Uhr
Die Tourismus-Branche leidet unter dem Coronavirus, so viel war klar. Nun zeigen bisher unveröffentlichte Zahlen, wie schlimm es um die Branche steht.
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Das Coronavirus hat Auswirkungen auf sämtliche Lebensbereiche und die gesamte Wirtschaft. Doch einige Branchen leiden mehr als andere. Zahlen, die dem Blick nun erstmals vorliegen, zeigen die schlimmen Ausmasse im Tourismus.

Ein noch nicht veröffentlichter Bericht von Roland Schegg, Professor für Tourismus der Fachhochschule Westschweiz HES-SO Valais-Wallis, zeigt eine Branche kurz vor dem Zusammenbruch. Insbesondere die Lage für die Hotellerie ist prekär.

Rückgang von 20 Prozent befürchtet

Alleine zwischen März bis Mai rechnet Schegg mit einem Umsatzverlust von knapp zwei Milliarden – bis Ende Jahr sollen es 6,4 Milliarden Franken sein. Dies würde einem Rückgang von 18% entsprechen. Grundlage für die Berechnungen sind über 2'000 Befragungen in Tourismusbetrieben: Hotels, Gastro, Parahotellerie und Bergbahnen.

Am stärksten betroffen, seien die Städte Zürich, Genf und Basel, da der Geschäfts- und Kongresstourismus quasi ganz wegfällt. Im April bedeutet dies einen Umsatzrückgang um 90 Prozent.

Sämtliche Kunden bleiben aus

Während nach den Terroranschlägen von 2001 vor allem die Amerikaner fehlten, bei Sars die Gäste aus Asien und bei der Euro-Krise die Europäer, bleiben nun sämtliche internationalen Kunden aus, ergänzt Martin Nydegger, Direktor von Schweiz Tourismus gegenüber Blick. Gemäss Nydegger ist jeder vierte Tourismusbetrieb existenziell gefährdet.

Ein Drittel aller Hotel- und Gastrobetriebe schätzt nach dem Bericht das Konkursrisiko als hoch ein. Die beiden Branchen zusammen machen einen jährlichen Umsatz von über 28 Milliarden Franken und beschäftigen rund 250'000 Angestellte. Wie sich das Sommergeschäft entwickle, könne niemand mit Bestimmtheit sagen.

Die Lage für die Hotellerie ist besonders bedrohlich, da die Dienstleistungen nicht einfach zu einem späteren Zeitpunkt verkauft werden können. Hotelzimmer könnten nicht «gelagert» werden, sagte Christian Lasser, Professor für Tourismus an der Hochschule St. Gallen gegenüber Blick. Werde eine Dienstleistung nicht erbracht, sei sie unwiderruflich verloren.

Kurzarbeit hilft

Mit der Kurzarbeit könnten immerhin die Personalkosten mehrheitlich gedeckt werden, sagte Jürg Stettler, Leiter des Instituts für Tourismuswirtschaft an der Hochschule Luzern. Dies helfe, weil die Personalkosten in vielen Hotelleriebetrieben die Hauptkosten seien. Deshalb werde das Instrument der Kurzarbeit auch rege genutzt. Gemäss Seco kommen knapp 40 Prozent der über 750'000 Anträge aus den Bereichen Hotellerie, Gastgewerbe und Tourismus.

Das Problem der teilweise hohen Miet- und Pachtzinsen kann mit der Kurzarbeit jedoch auch nicht gelöst werden. Stettler beschönigt denn auch gegenüber Blick nichts: «Wenn die aktuelle Situation noch länger dauern sollte, werden das nicht alle Hotels verkraften – sie werden in Konkurs gehen.»

veröffentlicht: 30. März 2020 07:03
aktualisiert: 30. März 2020 07:13
Quelle: PilatusToday

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