Der Bundesrat denke an alle, die während Jahren für das Volksbegehren gekämpft hätten, sagte Keller-Sutter am Sonntagabend in Bern vor den Medien. «Wir sind uns bewusst, dass viele enttäuscht sind.» Die vergangenen Wochen seien geprägt gewesen von intensiven, kontroversen, manchmal auch emotionalen Diskussionen.
Die Mehrheit der Stände habe sich zwar gegen den Weg der Initiative ausgesprochen, aber nicht gegen deren Anliegen, kommentierte Keller-Sutter. «Es ist unbestritten, dass Schweizer Unternehmen auch im Ausland Mensch und Umwelt zu beachten haben.»
Offene Fragen bei der Umsetzung
Der vom Parlament verabschiedete Gegenvorschlag sei der «massvolle, wirksame und international abgestimmte Weg» zur Erreichung dieses Ziels. Das Gesetz werde in Kraft treten, sofern in den nächsten hundert Tagen kein Referendum dagegen zu Stande komme.
Sobald es so weit sei, werde die Schweiz bei der Bekämpfung der Kinderarbeit weiter gehen als die meisten Länder. «Wir gehen über die Uno-Regeln hinaus.» Die Sorgfaltsprüfungspflicht betreffe viele Unternehmen in der Schweiz.
Vor dem Inkrafttreten des Gegenvorschlags muss der Bundesrats noch die Ausführungsbestimmungen auf Verordnungsstufe erlassen. Keller-Sutter sagte, dass einige Detailfragen noch offen seien - etwa, ab welchen Einfuhrmengen von Konfliktmineralien die Sorgfaltsprüfungspflicht für Unternehmen gelte, oder welche KMU von den Regeln zur Kinderarbeit ausgenommen würden.
«Es geht nicht um mich»
Keller-Sutter will das Ergebnis nicht als persönlichen Sieg anerkennen, wie sie auf eine entsprechende Frage eines Journalisten sagte. «In unserem System geht es nicht um Personen, sondern um Institutionen. Es geht nicht um mich, sondern darum, dass ein gangbarer Weg gefunden wurde.» Der Gegenvorschlag sei «das Werk des Parlaments».
Dass der Bundesrat mit dem eingebrachten Gesetzesentwurf mitten in der parlamentarischen Debatte zur Konzernverantwortung den Initianten zumindest teilweise den Wind aus den Segeln genommen hat, verneinte Keller-Sutter nicht. «Wir wären ansonsten ohne etwas dagestanden.» Deshalb habe sich der Bundesrat - aus taktischen und inhaltlichen Gründen - zu Wort gemeldet.
Die Mehrheit der Stände habe die Initiative wohl auch darum abgelehnt, weil bei einem Nein gesetzliche Pflichten kämen. «Es wird etwas gemacht, das ist wichtig.» Der Bundesrat wird in den kommenden Monaten und Jahren auch die internationalen Entwicklungen aufmerksam mitverfolgen, wie Keller-Sutter sagte.