Kurzarbeit für Selbstständige wird vorerst nicht verlängert
(sku) Mit den Lockerungen fährt auch die Wirtschaft wieder hoch. Doch für viele Selbstständige sind die Auswirkungen der Coronakrise noch immer spürbar. Jetzt trifft sie ein weiterer Schlag: Die Frage, ob Selbstständige weiter unterstützt werden, wird im Parlament erst im Herbst diskutiert. Der Nationalrat machte am Dienstag einen Entscheid rückgängig, zwei Motionen zur Verlängerung des Erwerbsersatz für Selbständigewerbende und der Kurzarbeitsentschädigung für Personen in eigenen GmbH noch in dieser Session zu behandeln.
Eine kurze Chronologie der Ereignisse: Am 20. Mai entschied der Bundesrat, Erwerbsersatz und Kurzarbeitsentschädigung für Selbstständige per Ende Mai auslaufen zu lassen. Am 26. Mai reichte die Kommission für soziale Sicherheit zwei Motionen ein, um diesen Entscheid rückgängig zu machen. Am 2. Juni begann die Sommersession. Dazwischen hätte aber zuerst der Bundesrat Stellung nehmen müssen, damit die Motionen vom Parlament behandelt werden können. Der Bundesrat entschied aber, die Motionen erst in der Herbstsession zu behandeln.
Antrag wieder rückgängig gemacht
Dagegen wehrte sich SP-Nationalrat Cédric Wermuth: Gestern Abend fand sein Ordnungsantrag eine knappe Mehrheit. Er forderte, die Motionen noch diese Woche zu behandeln. Wermuth wollte damit auch für zahlreiche betroffene Kulturschaffende und Mitarbeiter der Eventbranche kämpfen, die oftmals ihre Ansprüche auf Entschädigungen verloren haben.
Heute Morgen folgte aber bereits die Kehrtwende: Der Antrag von FDP-Nationalrat Kurt Fluri, Wermuths Antrag rückgängig zu machen und doch erst im Herbst über die Motionen zu entscheiden, fand ebenfalls eine knappe Zustimmung. «Der Bundesrat hat ganz klar gesagt, dass er mehr Zeit brauche, wie es das Parlamentsgesetz eben vorsieht», sagte Fluri. Daher gehe es nicht um den Inhalt der Motion, sondern um die gesetzlichen Vorgaben, die das Parlament einhalten müsse.
«Frontalangriff auf Selbstständige»
Für die Linken ist der Entscheid unverständlich. «Jetzt lassen wir die Menschen wirklich hängen», meinte SP-Nationalrat Wermuth. Der Entscheid sei «ein Frontalangriff der FDP auf die Selbstständigen in diesem Land», postete er zudem auf Twitter. SP-Nationalrätin Jacqueline Badran bezeichnet den Widerruf als «schlechten Witz».
Die Eventbranche fleht den Nationalrat geradezu an, den Frontalangriff der @FDP_Liberalen auf die Selbständigen in diesem Land abzulehnen. Gebt euch einen Ruck - Menschen vor Paragraphentüpflischisserei! Echt jetzt! #Corona pic.twitter.com/9LNSGbM3ew
— Cédric Wermuth - im Exil in der Bea Expo (@cedricwermuth) June 15, 2020
Auch bei den Gewerkschaften herrscht Verständnislosigkeit. «Ein abgekartetes Spiel auf Kosten der Kleinen», schreibt die Syndicom am Dienstag als Reaktion auf den ständerätlichen Entscheid. In der Herbstsession werde eine Abstimmung über eine Verlängerung hinfällig sein. Die Gewerkschaft fordert vom Bundesrat, Verantwortung zu übernehmen und die Selbständigen und Kleinbetriebe angemessen zu vertreten.