Teilsieg für Netzaktivisten

Nachrichtendienst blitzt vor Bundesgericht ab

· Online seit 28.12.2020, 12:22 Uhr
Das Bundesverwaltungsgericht muss über die Rechtmässigkeit der Internetüberwachung durch den Nachrichtendienst des Bundes befinden. Damit gibt das Bundesgericht Netzaktivisten recht.
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Der Verein Digitale Gesellschaft Schweiz (DigiGes) sowie mehrere Privatpersonen hatten beim Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde gegen die sogenannte Kabelaufklärung durch den Nachrichtendienst des Bundes (NDB) eingereicht. Mit dieser überwacht dieser den Datenverkehr via Internet – seit drei Jahren auch dann, wenn kein konkreter Anlass oder Verdacht vorliegt.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht hatten die Netzaktivisten vorerst keinen Erfolg: Es verwies auf das datenschutzrechtliche Auskunftsrecht, das es erlaube, eine rechtmässige Überwachung durchzusetzen, und sprach ihnen die Beschwerdeberechtigung ab. Das Bundesgericht hat nun jedoch anders entschieden.

Eingriff in Fernmeldegeheimnis und Selbstbestimmung

In einem Urteil vom 1. Dezember, das am Montag veröffentlicht worden ist, verweisen die Richter in Lausanne darauf, dass die Massnahmen des NDB geheim seien und den Betroffenen auch im Nachhinein nicht bekanntgegeben würden. «Unter diesen Umständen ist es den Beschwerdeführenden nicht möglich, konkrete, sie betreffende Massnahmen der Funk- und Kabelaufklärung anzufechten», heisst es in dem Urteil, das CH Media vorliegt.

Zugleich stellt die Überwachung des Internets gemäss Bundesgericht einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. «Das Bundesverwaltungsgericht muss prüfen, ob die vermutete Bearbeitung ihrer Daten im aktuellen System der Funk- und Kabelaufklärung des NDB ihre Grundrechte verletzt», erklärt das Bundesgericht in einer am Montag veröffentlichten Medienmitteilung zum Urteil.

Teil einer Serie von «strategischen Klagen»

Komme dieses zum Schluss, dass die derzeit praktizierte Internetüberwachung durch den NDB gegen die Grundrechte verstosse, müsse diese unter Umständen gänzlich eingestellt werden, wird DigiGes-Präsident Erik Schönenberger in einer am Montag veröffentlichten Mitteilung der Beschwerdeführer zitiert.

Die Beschwerde sei Teil einer Serie von «strategischen Klagen», mit denen die DigiGes für «Freiheitsrechte in der digitalen Welt» kämpfe, heisst es in der Mitteilung weiter. Ein weiterer Teil der Strategie ist eine hängige Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen die Vorratsdatenspeicherung. Über diese wie auch die Kabelaufklärung hat das Schweizer Stimmvolk 2016 in einem Referendum abgestimmt. Mit 65,5 Prozent Ja-Anteil wurde das neue Nachrichtendienstgesetz (NDG) damals angenommen. Rund ein Jahr später ist das NDG in Kraft getreten. (wap/sat)

veröffentlicht: 28. Dezember 2020 12:22
aktualisiert: 28. Dezember 2020 12:22
Quelle: CH Media

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