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Nationalbank erhöht Leitzins: Was das für dich bedeutet

22.09.2022, 13:07 Uhr
· Online seit 22.09.2022, 12:18 Uhr
Erstmals seit 2014 liegt der Leitzins der Schweizerischen Nationalbank im positiven Bereich. Was der Leitzins überhaupt bedeutet, weshalb er angepasst wird und was der neue Zins alles beeinflusst.
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Die Schweizerische Nationalbank erhöht den sogenannten SNB-Leitzins um 0,75 Prozentpunkte. Damit liegt er neu wieder im positiven Bereich bei 0,5 Prozent. Die Notenbank hatte bereits Mitte Juni die Zinsschraube mit einem Schritt um einen halben Prozentpunkt erstmals seit fünfzehn Jahren wieder angezogen. Seither hat die Teuerung in der Schweiz weiter angezogen. Doch beginnen wir von vorne.

1. Was ist überhaupt der Leitzins?

Der Leitzins ist das wichtigste geldpolitische Steuerungsinstrument. Er dient dazu, die Preise im Wirtschaftssystem möglichst stabil zu halten. In der Schweiz legt die Schweizerische Nationalbank die Leitzinsen fest. Der Leitzins ist der Preis, den Banken bezahlen, um Geld bei der Nationalbank auszuleihen. Ist der Leitzins hoch, ist es folglich für Banken teurer, bei der SNB einen Kredit aufzunehmen. Ist er tief, können Banken günstig Geld bei der SNB ausleihen.

2. Was bedeutet der Leitzins für die Bevölkerung?

Ob der Leitzins hoch oder tief ist, spüren auch die Konsumentinnen und Konsumenten. Denn wenn Banken viel für ihre Kredite bezahlen, geben sie diese Bedingungen weiter. Der Leitzins bestimmt also indirekt, wie teuer es allgemein in der Wirtschaft ist, einen Kredit aufzunehmen und sich zu verschulden. Er bestimmt damit auch, ob es sich eher lohnt zu sparen oder Geld auszugeben.

3. Wieso wird der Leitzins regelmässig angepasst?

Um die Preise stabil zu halten, passt die Nationalbank den Leitzins jeweils an. Sie fungiert quasi als Babysitterin der Wirtschaft. Dies ist insbesondere wichtig, wenn die Inflation länger zu steigen droht, was aktuell klar der Fall ist. Um die Preissteigerung zu dämpfen, also die Inflation zu bekämpfen, hebt die SNB den Leitzins an. Für die Banken wird es teurer, Geld bei der Nationalbank aufzunehmen, sie legen stattdessen mehr Geld an. Durch die Geldanlange verringert sich die Menge an Geld, die im Umlauf ist. So soll sich die Währung wieder erholen und die Inflation sinken.

Umgekehrt steigt die Geldmenge, wenn der Leitzins sinkt. Banken können bei der Nationalbank günstiger Geld ausleihen, Private und Unternehmen erhalten ebenfalls günstiger Kredite. So kommt mehr Geld in den Umlauf und die Menschen geben mehr Geld aus.

4. Was sind die Folgen des neuen Leitzinses?

Für Sparende:
Ein höherer Leitzins, insbesondere ein positiver, macht es für Menschen attraktiver ihr Geld zu deponieren. Sparende bekommen für ihre deponierten Ersparnisse höhere Zinsen. Neu ist das Sparen kein Minusgeschäft mehr: Es muss nicht mehr draufgezahlt werden, sondern auf dem Sparkonto springt am Schluss mehr raus.

Für Hausbesitzer:
Horrende Häuserpreise könnten bald zurückgehen. Bisher hatte die Zinsentwicklung wenig Auswirkungen auf das Wachstum am Hypothekar- und Immobilienmarkt. Die Preise für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen sind weiter gestiegen. Nun könnten diese Preise wieder sinken. Denn die Banken verlangen höhere Hypothekarzinsen, der Kauf wird teurer, weniger Menschen können es sich leisten. So bricht Nachfrage weg und die Preise sinken.

Für Mieter:
Die Erhöhung des Leitzinses hat keinen direkten Einfluss auf die Mietzinsen. Diese werden durch den Referenzzinssatz für Mietverhältnisse bestimmt. Dieser Referenzzinssatz dient als Orientierung bei der Berechnung der Miete und folgt dem durchschnittlichen Hypothekarzins. Die Zinserhöhung wird sich erst mit Verzögerung bemerkbar machen. Ein höherer Hypothekarzins dürfte dann dazu führen, dass weniger gebaut wird. Mit weniger Angebot könnten die Mieten steigen.

5. Ist es das Ende der Inflation?

Nein. Die SNB glaubt nicht, dass sich die Inflationsdynamik in der Schweiz nach der Zinserhöhung rasch abschwächt. Sie erwartet für 2022 eine Jahresteuerung von drei Prozent. Im August war die Inflationsrate in der Schweiz auf 3,5 Prozent geklettert.

6. Warum gab es einen negativen Leitzins?

Seit Dezember 2014 galt das Negativzinsregime der Nationalbank. Die SNB hob den Mindestkurs auf, weil der Zufluss von Geldern aus dem Euroraum zu gross geworden wäre. Heisst: der Franken war gegenüber dem Euro überbewertet und eine weitere Aufwertung musste gebremst werden. Der Franken musste weniger attraktiv gemacht werden, um so ausländische Investoren zu entmutigen, in die Schweizer Währung zu investieren. Der Leitzins im Januar 2015 auf das beispiellose und weltweit niedrigste Niveau von -0,75 Prozent gesenkt.

veröffentlicht: 22. September 2022 12:18
aktualisiert: 22. September 2022 13:07
Quelle: Today-Zentralredaktion

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