Kilchberg

Putzkraft klaut «Schoggi» im Schokoladenmuseum

12.09.2022, 21:17 Uhr
· Online seit 08.09.2022, 10:05 Uhr
Im Lindt Home of Chocolate liess eine Reinigungskraft kürzlich Schokolade mitgehen. Die Person wurde deswegen fristlos entlassen. Auch Angestellte in anderen Betrieben verleitete das verlockende Angebot schon zu einer Straftat.
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Schon am Eingang dürfte vielen Gästen das Wasser im Mund zusammenlaufen: Ein über neun Meter hoher Schokoladenbrunnen begrüsst die Besucherinnen und Besucher im Lindt Home of Chocolate in Kilchberg.

Die Tour im Museum bietet Schoggi-Fans ein Schlaraffenland. À discrétion können sie Schokolade degustieren oder zuschauen, wie die Kakaobohne zu flüssiger Schokolade und am Schluss zu Tafeln und Pralinés verarbeitet wird. Schokolade zum Kaufen, wohin das Auge reicht, gibt es im nach eigenen Angaben «grössten Lindt Chocolate Shop der Welt».

Schoggi-Job mit Tücken

Manche Besucher träumen vielleicht davon, ihren Büroarbeitsplatz gegen einen Job in diesem Museum zu tauschen. Doch einer Arbeit ständig umgeben von Schokolade nachzugehen, hat offenbar seine Tücken.

Einer Angestellten wurde das süsse Arbeitsumfeld zum Verhängnis. Kürzlich liess eine Reinigungskraft im Schokoladenmuseum Schokolade mitgehen, wie ZüriToday erfahren hat. Überwachungskameras liessen sie auffliegen. Eine Mediensprecherin des Lindt Home of Chocolate bestätigt auf Anfrage einen entsprechenden Vorfall. Für weitere Auskünfte verweist das Unternehmen an den Zürcher Facility-Dienstleister Vebego AG.

Essen sei erlaubt, mitnehmen verboten

«Die betroffene Reinigungskraft hat Schokolade unerlaubterweise mitgenommen», bestätigt Giuseppe Santagada, CEO der Vebego Schweiz Holding AG. Da die AG einen solchen bewussten Regelverstoss nicht hinnehmen könne, habe sie im persönlichen Gespräch mit der Betroffenen das Arbeitsverhältnis per sofort aufgelöst. Die Putzkraft habe sich zu diesem Zeitpunkt noch in der Probezeit befunden.

Laut Santagada ist es im Lindt Home of Chocolate den Mitarbeitenden und Dienstleistenden in den Pausenräumlichkeiten erlaubt, während der Arbeitszeit die offen zur Verfügung stehende Schokolade zu essen. «Es ist nicht erlaubt, diese mitzunehmen.»

Der CEO macht darauf aufmerksam, dass jede einzelne Mitarbeitende und jeder einzelne Mitarbeitende vor dem ersten Arbeitstag eine spezifische Schulung erhalte, die auf den jeweiligen Auftraggeber abgestimmt sei. «In dieser Schulung lernen die Mitarbeitenden, welche Regeln am jeweiligen Arbeitsort gelten und welche Folgen das Nichteinhalten hat.» Diese Schulung habe im vorliegenden Fall im Detail stattgefunden.

Wein geklaut

Klauen am Arbeitsplatz ist in der Schweiz keine Seltenheit. Mehr als ein Viertel (27 Prozent) der Bevölkerung gab in einer repräsentativen Studie des Internet-Vergleichsdiensts Moneyland.ch vom Juli an, am Arbeitsplatz schon einmal etwas gestohlen zu haben.

Diebstähle von Angestellten landeten auch schon vor Gericht. Im Kanton Genf wurde 2012 ein Mitarbeiter einer Stiftung fristlos entlassen, weil er aus dem Lagerbestand des Betriebsrestaurants eine Flasche Wein mitgenommen hatte. Der Chef hatte den Angestellten erwischt, als er sich mit einer auffällig in der Tasche versteckten Weinflasche auf den Nachhauseweg machte.

Keine Chance vor Bundesgericht

2014 flog eine Migros-Kassiererin im Kanton Aargau bei einer Arbeitnehmerkontrolle am Ausgang auf. Sie hatte zwei Packungen Vollkorncracker und zwei Packungen Aufschnitt geklaut. Versteckt hatte sie die Waren in ihrer privaten Handtasche unter einer Zeitung. Gegenüber der Filialleiterin behauptete sie, vergessen zu haben, die Waren zu bezahlen.

In beiden Fällen gelangten die Langfinger erfolglos bis vor Bundesgericht. Dieses schmetterte die Beschwerden ab. Die fristlosen Kündigungen begründete es unter anderem mit dem zerstörten Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber als zulässig. Auch die Tatsache, dass Diebesgut von geringem Wert gestohlen wurde, ändere daran nichts, argumentierte das Bundesgericht.

Darf ich einen Kugi klauen?

Doch was passiert, wenn Angestellte für den privaten Gebrauch in grösserem Stil internes Material mitgehen lassen, zum Beispiel Kugelschreiber oder Druckerpapier in grösserem Stil? Auch ein entwendeter Kugelschreiber gilt als Diebesgut, was zu einer fristlosen Entlassung führen könnte. «Die Rechtsprechung bei Diebstahl ist wirklich sehr streng», sagt Marc Schmid, Rechtsanwalt für Arbeitsrecht.

Wegen eines stibitzten Kugelschreibers drohe aber kein Mitarbeitender entlassen zu werden, sagt Schmid. «Ausschlaggebend ist, ob ein Diebstahl das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber zerstört.» Eine Rolle spiele dabei, wie offensichtlich unangebracht das Mitgehenlassen von internem Material sei und wie hoch dessen materieller Wert sei. «Nimmt eine Serviceangestellte zum Beispiel Biergläser mit einem Wappen drauf mit nach Hause, ist eine fristlose Entlassung eher wahrscheinlich und gerechtfertigt.»

veröffentlicht: 8. September 2022 10:05
aktualisiert: 12. September 2022 21:17
Quelle: ZüriToday

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