Höhere Mieten

Referenzzinssatz steigt erstmals – und wohl nicht das letzte Mal

01.06.2023, 13:29 Uhr
· Online seit 01.06.2023, 08:04 Uhr
Der sogenannte hypothekarische Referenzzinssatz steigt zum ersten Mal überhaupt. Dies ist wohl der Startschuss für eine Erhöhung der Mietzinsen in der Schweiz auf breiter Front.

Quelle: Bundeshaus-Redaktion

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Es geht um mehr als ein paar Franken. Wer heute für seine Wohnung 2000 Franken im Monat bezahlt, muss unter Umständen bald 2130 Franken bezahlen, also fast 7 Prozent mehr. Dies ergibt im Jahr Mehrausgaben fürs Wohnen von knapp 1600 Franken.

Der Hauptgrund ist der Mechanismus des Hypo-Referenzzinssatzes, welcher sich nun das erste Mal seit seiner Einführung im Jahr 2008 zuungunsten der Mieterschaft auswirkt. Dieser ist nun von 1,25 auf 1,50 Prozent geklettert.

Der Hintergrund ist, dass sich die Hypozinsen im Zuge der Zinswende von ihren historischen Tiefstständen gelöst haben. Der dem Referenzzinssatz zugrunde liegende Durchschnittszins auf inländische Hypothekarforderungen stieg daher von 1,33 auf 1,44 Prozent. Der Referenzzinssatz wird jeweils auf den am nächsten liegenden Viertelprozent-Wert auf- oder abgerundet.

Der Referenzzinssatz bleibt nun auf dem aktuellen Niveau, bis der Durchschnittszinssatz auf über 1,62 Prozent steigt oder unter 1,38 Prozent sinkt. Die nächste Beurteilung nimmt das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) am 1. September vor.

Hälfte der Mieter betroffen

Für die Mieterinnen und Mieter ist die Anhebung des Referenzzinssatzes eine schlechte Nachricht. Denn bei einer Erhöhung um 0,25 Prozentpunkte dürfen die Vermieter den Mietzins um 3,0 Prozent anheben - sofern sie auch die vorherigen Senkungen weitergegeben haben.

Zur Erinnerung: Bei Einführung im Jahr 2008 hatte der Satz 3,5 Prozent betragen, danach fiel er schrittweise. Laut einer Schätzung der Zürcher Kantonalbank basieren derzeit rund die Hälfte aller Mietverhältnisse auf dem aktuellen Referenzzinssatz.

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Wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur AWP von Mitte April unter gut einem Dutzend grosser Vermieter ergab, werden die meisten den Anstieg für eine Mietzinserhöhung nutzen. «Kommt es zu der erwarteten Referenzzinssatzerhöhung, gehen wir davon aus, dass wir die betroffenen Mietwohnungsverträge in unserem Portfolio entsprechend anpassen werden», teilte etwa die Versicherungsgruppe Swiss Life mit, eine der grössten Vermieterinnen des Landes.

Und der Sprecher einer grossen Immobiliengesellschaft meinte damals: «In den letzten Jahren haben die Mieterinnen und Mieter dank sinkender Hypothekarzinsen von tieferen Mieten profitiert, mit den steigenden Finanzierungskosten auf Seite der Eigentümer ist es aber auch nachvollziehbar, dass das Pendel nun in die andere Richtung ausschwingt.»

Die Teuerung kommt dazu

Doch der Referenzzinssatz ist nicht der einzige Grund für den sich abzeichnenden Kostenschub. Der andere ist die derzeit relativ hohe Teuerung. Diese darf zu 40 Prozent weitergegeben werden, was viele Vermieter im Zuge der Anpassung des Referenzzinssatzes wohl tun werden. Dies macht im eingangs erwähnten Beispiel, bei dem keine Mietzinsanpassung seit März 2020 angenommen wird, nochmals gut 2 Prozent aus.

Zudem können die Vermieter auch noch «allgemeine Kostensteigerungen» überwälzen, wobei manche Schlichtungsbehörden Pauschalsätze anwenden, wie ein Sprecher des Bundesamts für Wohnungswesen auf Anfrage sagte. Beim obigen Beispiel macht dies - mit einer angenommenen Pauschale von 0,5 Prozent pro Jahr - nochmals rund 1,6 Prozent aus.

Alles in allem kommt also happige Post auf die Mieter zu. Das BWO warnt aber vor Verallgemeinerungen. Ganz generell könne eine Mietzinsveränderung immer nur im konkreten Einzelfall beurteilt werden, betonte der Sprecher.

Referenzzinssatz dürfte im Winter oder 2024 erneut steigen

Das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) rechnet im Winter oder 2024 mit einem weiteren Anstieg des Referenzzinssatzes um 0,25 Prozentpunkte. Das bedeutet für die Mieterschaft einen weiteren Anstieg der Mietzinsen um 3 Prozent.

(sda)

veröffentlicht: 1. Juni 2023 08:04
aktualisiert: 1. Juni 2023 13:29
Quelle: Today-Zentralredaktion

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