Vorsorge für Winter

Schweizer sollen wegen drohendem Stromengpass Kerzen-Vorrat anlegen

· Online seit 07.08.2022, 08:43 Uhr
Die Energiekrise beschäftigt die Schweiz: Stromgeneratoren und Brennholz sind heiss begehrt. Der Präsident der Elektrizitätskommission rät nun, sich genügend Kerzen anzuschaffen. Andere Experten beschwichtigen.
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Schweizerinnen und Schweizer müssten sich auf mehrstündige Stromausfälle gefasst machen. «Deshalb ist es wichtig, dass man die nötigen Vorkehrungen trifft», sagt Werner Luginbühl, Präsident von Elcom, im Interview mit der «NZZ am Sonntag». So rät er beispielsweise, genügend Kerzen zu Hause zu haben. Wer einen Ofen habe, solle zudem einen Vorrat an Brennholz anlegen. Auch er selbst habe mehr Brennholz bestellt und Taschenlampe samt Batterien bereit.

Trotzdem müsse die Schweizer Bevölkerung keine Angst haben. Es sei jedoch wichtig, darüber zu reden und sich Gedanken zu machen. Etwa fünf bis zehn Prozent des Stroms müsse die Schweiz importieren. «Dort liegen für uns die grössten Risiken: dass wir diesen Teil des Stroms im nächsten Winter nicht in Europa beschaffen können», sagt Luginbühl. Trotzdem rechne man damit, auch im Winter Strom aus Deutschland und Italien zu erhalten. Das hängt von verschiedenen Faktoren ab. «Wenn Frankreichs Kernkraftwerke länger ausfallen, wenn Deutschland wirklich zu wenig Gas hat und es dazu noch eine längere Kältewelle gibt – dann wird wohl ein grosser Teil Europas Probleme haben.» Dann müsse auch die Schweiz Massnahmen ergreifen.

Spar-Vorschläge für Private und Unternehmen

Auch Private können mithelfen, so Luginbühl. «Es hilft sicher, die Lichter konsequent zu löschen, Geräte auszuschalten, zu duschen statt zu baden und die Zeit unter der Dusche kurz zu halten.» Das grösste Potenzial liege aber bei den Grossverbrauchern. Sollte es ernst werden, müsse man sich überlegen, ob gewisse Unternehmen ihre Produktion eine Zeit lang zurückfahren sollten.

Die Politik hat weitere Vorschläge, wie der Stromverbrauch reduziert werden könnte. «Der Verkauf von Elektroöfen muss jetzt sofort gestoppt werden», sagt etwa Martin Bäumle (GLP) zur Zeitung. Wie schon SVP-Nationalrat Albert Rösti plädiert Bäumle zudem dafür, die Raumtemperatur freiwillig auf 22 Grad zu senken. Generell hat Rösti einige Tipps für den Privathaushalt: Nicht gebrauchte Geräte ausstecken, Wäsche an der Luft trocknen lassen statt im Trockner, den Kühlschrank weniger kalt einstellen oder effizienter kochen. SP-Politiker Roger Nordmann spricht sich für eine Temperatursenkung im ÖV aus. Einig ist sich die Politik zudem bei Leuchtreklamen und Schaufenstern, deren Beleuchtung abgeschaltet werden sollte. Jacques Bourgeois (Freisinnige) würde auch die Strassenbeleuchtung reduzieren, wo dies möglich sei. Schneekanonen und Skilifte stehen ebenfalls zur Diskussion. Unternehmen sollen zudem entschädigt werden, wenn sie Strom einsparen.

Bürokratie behindert Bau von Solaranlagen

Laut Stella Jegher, Abteilungsleiterin Politik bei Pro Natura, wäre das Sparpotenzial gross: «Allein beim täglichen Verbrauch könnten Industrie, Gewerbe, und Privathaushalte rund ein Drittel des Stroms einsparen, ohne es zu merken», sagt sie zum «Sonntagsblick». Gerade bei Häusern könne viel Energie eingespart oder selbst produziert werden, sagt Gallus Cadonau, Geschäftsführer der Solar Agentur Schweiz, zur Zeitung. Allerdings werde der Fortschritt ausgebremst, wie Helion-Geschäftsführer Noah Heyen zur Zeitung sagt. Solaranlagen-Firmen müssten viele Formulare ausfüllen, was Arbeitszeit frisst. «Das grösste Problem ist die überbordende Bürokratie. Und dafür sind die Kantone und Gemeinden verantwortlich.»

(vro)

veröffentlicht: 7. August 2022 08:43
aktualisiert: 7. August 2022 08:43
Quelle: ArgoviaToday

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