Spitalapotheker Enea Martinelli hat aufgrund von Medikamentenengpässen eine langfristige Unterstützung des Bundes für Apotheken und die Ärzteschaft gefordert. «Kurzfristig kann man das Problem nicht beheben», sagte er zu CH Media.
Auf kurze Frist sei eine administrative Entlastung vom Bund wichtig, sagte Martinelli, Chefapotheker der Berner Spitäler Frutigen, Meiringen und Interlaken, in Interviews mit Zeitungen von CH Media und Tamedia vom Donnerstag.
Wegen günstigen Preisen für Hersteller uninteressant
Die Kantone sollen nicht weiterhin zuständig für die Versorgung mit Medikamenten sein, forderte Martinelli im Gespräch mit Tamedia. «Das funktioniert nicht.»
Bislang kümmere sich das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung nur um lebenswichtige Medikamente und die Akutversorgung. Mittelfristig brauche es ein umfassenderes Monitoring, sagte Martinelli zu CH Media. «Epilepsie- oder Parkinson-Medikamente beispielsweise die heute nicht meldepflichtig, dabei brauchen sie die Patienten täglich.»
Für dieses Jahr ist eine Volksinitiative geplant, die unter anderem dieses Ziel verfolgt. Zweitens müsse der Standort Schweiz in Sachen Forschung, Entwicklung und Produktion gestärkt werden. Als dritter Punkt führen die Initianten an, dass es sichere Versorgungswege aus dem Ausland braucht.
Situation ist ernst
Der Bundesrat stufte die Lage am Mittwoch neu als «problematisch» ein. Wie Andreas Faller, Jurist, Gesundheitsberater und ehemaliger BAG-Vize gegenüber «20 Minuten» erklärt, seien Anfangs nur Medikamente vom Mangel betroffen gewesen, die man gut habe ersetzen können. Mittlerweile fehle es aber auch an lebenswichtigen Arzneimitteln. Für teils Medikamente aus der Kindermedizin oder der Onkologie gebe es keinen Ersatz. «Die Situation ist tatsächlich ernst» sagt Faller.
Er betont, dass man die Abhängigkeit von China und Indien verringern müsse. «Die Chinesen brauchen gar keine Atombombe. Es reicht, wenn sie keine Antibiotika mehr liefern», zitierte Faller eine Professorin der deutschen Pharmazie.
Expertengruppe muss Massnahmen finden
Firmen würden beim Bundesamt für Gesundheit kein Gesuch zur Preiserhöhung stellen, weil der Aufwand zu gross und der Markt zu klein sei.
Eine Expertengruppe unter der Leitung des Delegierten für wirtschaftliche Landesversorgung, Kurt Rohrbach, soll nun Massnahmen finden, welche die Engpässe rasch lindern.
Mittel- und langfristige Massnahmen seien bereits in Gang gesetzt worden, hiess es vom Bundesrat weiter. Sie zielen demnach darauf ab, Produktions- und Lieferengpässe früher und breiter zu erfassen. Zudem soll der Umgang mit Engpässen erleichtert werden. Daneben sollen die Marktbedingungen verbessert werden.
(sda/roa)