Rassismus-Debatte

SRF-Sportreporter Sascha Ruefer bricht jetzt sein Schweigen

11.04.2023, 06:50 Uhr
· Online seit 08.04.2023, 21:34 Uhr
Dieser eine Satz bringt Sascha Ruefer in Bedrängnis: «Granit Xhaka ist vieles, aber er ist kein Schweizer.» Seitdem steht der Sportreporter unter Beschuss. Nun wehrt sich der 51-Jährige und geht in die Offensive. Videoaufnahmen sollen ihn entlasten.
Anzeige

Am Gründonnerstag haben sich die SRF-Chefs zu einem Krisengipfel im Leutschenbach eingefunden. Grund dafür ist ein Bericht in der Wochenzeitung, die enthüllt hatte, dass Nati-Kommentator Sascha Ruefer bei den Dreharbeiten für den Dokumentarfilm «The Pressure Game» einen Satz gesagt hatte, der ihm als rassistisch ausgelegt werden kann und den er anschliessend entfernen liess. Es ging um die Formulierung: «Granit Xhaka ist vieles, aber er ist kein Schweizer.» Ruefer zog die Notbremse, obwohl SRF die Doku bereits durchgewunken hatte.

Und auch nach der Veröffentlichung stellte sich SRF hinter Ruefer. Die Aussage sei aus dem Kontext gerissen. «Sascha Ruefer hat sich zu keinem Zeitpunkt rassistisch geäussert», liess sich Susan Schwaller, Chefredaktorin Sport, zitieren. Auch auf Nachfrage war SRF zunächst nicht bereit, die entsprechende Passage öffentlich zu machen, wie die CH-Media-Zeitungen schreiben.

Kampf um den Ruf

Am Karfreitag hat der SRF-Kommentator eine Gruppe ausgewählter Journalistinnen und Journalisten ins Leutschenbach eingeladen. Er will sich erklären – und den Ausschnitt zeigen, der die Gemüter erhitzt. Ruefer führte das Rohmaterial der Nati-Doku an diesem Tag mehreren Medien vor. Er zeigte den offiziellen wie auch den inoffiziellen Teil des Gesprächs. Im inoffiziellen Teil sagt der SRF-Reporter, er sei froh, dass die altbackene Diskussion von echten Schweizern und halben Schweizern endlich aus den Köpfen der Leute verschwunden sei.

Wieder im Fokus steht einmal mehr Ruefers Haltung zu Nati-Captain Granit Xhaka. Der Sportmoderator kommentiert seit 2008 die Länderspiele der Schweizer Männer. Gerade nach der WM in Katar scheute er sich nicht davor, Xhaka als Captain infrage zu stellen. Xhaka hatte auch schon im Gruppenspiel gegen Serbien mit Provokationen für Trubel gesorgt, wie schon Jahre zuvor. Prägendstes Ereignis dieser wechselvollen Beziehung zwischen dem Nati-Kommentator und dem Nati-Captain ist die Doppeladler-Affäre bei der WM 2018 in Russland. Ruefer bezeichnete Xhakas Jubel nach dem Treffer gegen Serbien als «bescheuert», «dämlich» und «dumm». Der Nationalspieler hat kosovarische Wurzeln. Das Problem an der ganzen Debatte sei jedoch, dass sie über ihn keine Diskussion führen lässt, ohne die Herkunft zu thematisieren, schreibt die «Neue Zürcher Zeitung».

Aber es ist viel zu einfach, Ruefers durchaus belastete Haltung zu Xhaka, als Grundlage zu nehmen. Er hat die Tendenz, sich an Xhaka aufzureiben, abzuarbeiten, er scheint sich rasch mal über ihn zu ärgern. Er versucht sich aber auch in Differenzierungen – oder gibt sich Mühe, Respekt anklingen zu lassen.

Ruefer will mit Xhaka sprechen

Laut der Wochenzeitung soll Ruefer also folgenden Satz gesagt haben: «Granit Xhaka ist vieles, aber er ist kein Schweizer.» Auf dem Filmmaterial, welches der NZZ am Freitag abgespielt wurde, soll Ruefer demnach folgendes gesagt haben. Er fragte den Interviewer, warum Xhaka jeden aufrege. Und er gab die Antwort selber: weil Xhaka alles sei, nur nicht Schweizer. Der Interviewer lachte. Die Formulierung scheint recht ungeschickt, auf die Frage, wie er es gemeint habe, sagt Ruefer am Freitag gegenüber der NZZ: «Das Klischee des Schweizers ist doch: Wir sind zurückhaltend, wir sind bedacht, möglichst nicht aufzufallen. Wer auffällt, wird komisch beäugt. Granit ist das Gegenteil dieses Klischees. Er strotzt vor Selbstbewusstsein. Er steht hin und sagt: ‹Ich packe Kleider bis zum Final.›»

Bedauert Ruefer nun seine Aussage über Granit Xhaka? Ruefer sagt: «Rechenschaft bin ich nur ihm schuldig. Ich will nicht, dass er ein Bild von mir als Kommentator hat, das nicht stimmt.» Deshalb werde er das Gespräch mit dem Nati-Captain suchen. «Ich werde mich bei Xhaka erklären», sagt Ruefer. Das Wort Entschuldigung nimmt er allerdings nicht in den Mund.

Klage gegen WOZ steht im Raum

Zur Gesprächsrunde hatte Ruefer die Wochenzeitung allerdings nicht eingeladen. SRF schreibt dazu: «Es steht Sascha Ruefer frei, mit jenen Medien zu sprechen, die er als seriös erachtet.» Zusätzlich prüft Ruefer aktuell rechtliche Schritte gegen die Autoren der Wochenzeitung, die ihn als Rassisten darstellen würden, heisst es weiter.

Auf Anfrage der CH-Media-Zeitungen bei Kaspar Surber, Mitglied der Redaktionsleitung der Woz sagt dieser: «Unser Journalist hat SRF sauber und seriös mit den Vorwürfen konfrontiert. Wir sind sehr irritiert, dass er nun von der SRF-Präsentation ausgeschlossen wurde. Das ist eine Ungleichbehandlung und schafft weder Transparenz noch Vertrauen. Von einer Klagedrohung haben wir bis jetzt keine Kenntnis und können uns entsprechend nicht dazu äussern.»

Für Sascha Ruefer kommt ein Aufhören nicht in Frage und auch SRF betont, dass Ruefer als Kommentator der Nati-Spiele nicht zur Diskussion stehen würde.

(sib)

veröffentlicht: 8. April 2023 21:34
aktualisiert: 11. April 2023 06:50
Quelle: ArgoviaToday

Anzeige
Anzeige
redaktion@pilatustoday.ch