Kampf gegen Monsterstau

Tessiner wehren sich gegen geforderte Maut am Gotthard

06.06.2023, 11:45 Uhr
· Online seit 06.06.2023, 10:28 Uhr
Reisende ins Tessin sollen mit einer Tunnelgebühr von einer Fahrt in den Süden abgehalten werden. Dagegen regt sich jetzt Widerstand aus dem Tessin. Wirtschafts-, Kultur- und Tourismusvertreter befürchten, dass der Südkanton diskriminiert wird.
Alessandro Perucchi
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Die Staus wiederholen sich gebetsmühlenartig: Vor jedem Feiertag und bei jedem Ferienbeginn wächst die Kolonne im Urner Reusstal an. Wartezeiten von zwei Stunden sind keine Ausnahme mehr. Ärgerlich für die Reisenden, die mit dem Auto in den Süden wollen, aber auch ärgerlich für die Urner Bevölkerung. Denn diese leidet unter dem Stau.

Er führt zu Umweltverschmutzung, Lärm und verstopften Ausweichstrassen. Auch das Gewerbe leidet: Der Warenverkehr zwischen den Kantonen Uri und Tessin ist nicht gewährleistet. Mautgebühren sollen dem Stau nun einen Riegel schieben – zum Unmut der Tessiner.

Sogar SVP-Chiesa will Gebühr

Drei Nationalräte haben je einen gleichlautenden Vorstoss eingereicht, der vor dem Tunnel aufräumen soll. Der Urner Simon Stadler (Mitte), die Zürcherin Corina Gredig (GLP) und der Aargauer Matthias Jauslin (FDP) fordern eine Maut für die Fahrt durch den Gotthard-Strassentunnel und durch den San Bernardino. Die Gebühr soll unterschiedlich hoch sein und könne so Stauspitzen brechen. Denn an Spitzentagen mit Extremstaus um Ostern und Pfingsten wäre die Gebühr höher.

Quelle: Tele 1

Eine Forderung, die bei linken Politikerinnen und Politikern schon länger existiert, nun aber auch bei Bürgerlichen Anklang findet. Neuerdings sogar bei der SVP, die ansonsten dem Strassenverkehr sehr wohlwollend gegenübersteht. Laut dem «Blick» hat sich kürzlich SVP-Präsident Mauro Chiesa zu einer möglichen Maut geäussert. In einem Vorstoss, den er eingereicht hat, fordert auch er eine Maut. Jedoch mit einem Unterschied: Schweizerinnen und Schweizer sollen für die entrichteten Gebühren Geld zurückerhalten – und Ausländerinnen und Ausländer dementsprechende stärker zahlen.

Tessiner sind dagegen

Der Tessiner Chiesa nimmt in seinem Kanton aber eine Aussenseiterposition ein. Denn die allermeisten im Tessin wollen von einer solchen Gebühr überhaupt nichts wissen. Das Tessin würde durch eine solche Maut diskriminiert werden, beschwert sich Simone Patelli, Präsident von Ticino Turismo, im «Tages-Anzeiger». Denn während man in andere Feriendestinationen unbeschwert reisen könne, müsse für die Fahrt in den Süden eine Maut entrichtet werden.

Diese Aussage stützen weitere Tessiner Grössen aus Wirtschaft und Kultur. Der Präsident des Filmfestivals Locarno, Marco Solari, etwa befürchtet, dass der südlichste Kanton so mental weggestossen würde. Und auch der Tessiner Wirtschaftsminister Christian Vitta (FDP) führt ins Feld: «Wir Tessiner müssten eine Eintrittsgebühr für die übrige Schweiz zahlen.»

Der Urner Mitte-Nationalrat Simon Stadler, der den Vorstoss für eine Gotthard-Maut eingereicht hatte, versteht die Ängste der Tessiner. Dennoch ist er überzeugt, dass auch die Südschweiz davon profitiere, wenn nicht immer mehr Verkehr vor dem Gotthard stehe.

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veröffentlicht: 6. Juni 2023 10:28
aktualisiert: 6. Juni 2023 11:45
Quelle: PilatusToday

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redaktion@pilatustoday.ch