Geflügelzucht

«Übliches Vorgehen»: Hühner müssen hungern und werden aggressiv

11.09.2022, 11:12 Uhr
· Online seit 11.09.2022, 08:58 Uhr
In manchen Schweizer Betrieben zeigen Hühner ein aggressives Verhalten. Das liege daran, dass einige Züchter ihre Tiere absichtlich hungern lassen. Daran führe bei den Grossproduzenten kein Weg vorbei.
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Schwer verletzt, halb tote Hühner, Blut und Leid: Die Tierrechtsorganisation Tier im Fokus hat letzte Woche verstörende Aufnahmen aus der Migros-Geflügelzucht im Wallis veröffentlicht. Die verletzten Hühner sorgten für Empörung, schreibt die «Sonntagszeitung».

Den Grund für die gestressten und aggressiven Hühner sieht eine Biologin bei der Aufzucht von Elterntieren der Masthybriden. Diese legen besonders viele Eier und setzen viel Fleisch an. Dazu werden die Hühner restriktiv gefüttert, heisst es. «Die Hühner müssen möglichst lange leben, damit sie geschlechtsreif werden. Damit sie nicht schon vorher verfetten, krank werden oder gar sterben, werden sie nur zurückhaltend gefüttert», sagt Expertin Sabine Gebhardt gegenüber der Zeitung.

Hühner müssen hungern und entwickeln Verhaltensstörungen

Die Elterntiere bekommen nur rund ein Drittel des benötigten Futters. Folglich sind die Tiere gestresst, würden an Wänden und an Federn ihrer Artgenossen picken, so Gebhardt. Während also Tiere, die zu Poulets gemästet werden, sich satt fressen, müssen die Eltern hungern. Diese Praxis sei zwar gängig, doch problematisch aus Sicht des Tierwohls.

Grossproduzenten sehen kein Problem beim restriktiven Füttern

Der Marktführer Bell und die Migros-Tochter Micarna bestätigen die Fütterung. «Die Tiere erhalten jeden Tag Futter in einer Menge und Qualität, das ihren physiologischen Bedürfnissen entspricht», so Migros-Sprecher Tristan Cerf.

Die restriktive Fütterung sei nötig, «damit die Tiere nicht bereits in der Aufzuchtphase zu schnell verfetten», so Stephan Wolf, Leiter der Abteilung Geflügel bei Bell Schweiz. Das sei ein übliches Vorgehen, auch bei anderen Tierarten. Wolf hält fest, dass deshalb die Tiere nicht gestresst seien. Denn das würde sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Um den Hunger zu mindern, setzt Bell auf Sattmacher wie Zellulose. «Doch das ist eigentlich keine Lösung, da die Tiere trotzdem hungrig bleiben.»

Langsam wachsende Hühnerrassen wären tierfreundlicher

Laut Gebhard müsste die Branche auf langsamer wachsende Hühnerrassen setzen, um das Problem zu lösen. Das fordert auch die Tierrechtsorganisation Tier im Fokus. So wie das bei der Freiland- oder Bioproduktion üblich sei. Doch für die Grossproduzenten geht die Rechnung nicht auf. Zwar sei diese Methode tierfreundlicher, aber alles andere als effizient «und verbraucht damit mehr Ressourcen».

(kmu)

veröffentlicht: 11. September 2022 08:58
aktualisiert: 11. September 2022 11:12
Quelle: Today-Zentralredaktion

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