Während der Corona-Pandemie sollen geheime Informationen des Bundesrats aus Alain Bersets damaligem Departement zu Ringier-CEO Marc Walder geflossen sein. Bersets ehemaliger Kommunikationschef Peter Lauener soll ihm mehrmals Vertrauliches zur Coronapolitik des Bundesrates zugespielt haben. Die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) des Parlaments untersucht den Fall derzeit.
Die Bevölkerung steht hinter Alain Berset
Während Vertreter aus der Politik fordern, dass Alain Berset zurücktritt, betont der Bundespräsident selbst, nichts von den Indiskretionen gewusst zu haben. Und was sagt das Volk zu der ganzen Geschichte? Gemäss einer repräsentativen Umfrage, welche die «NZZ am Sonntag» in Auftrag gegeben hat, ist die Popularität von Alain Berset trotz der Corona-Affäre gross.
So gilt er in der Bevölkerung als drittsympathischster Bundesrat. Vor ihm liegen nur Mitte-Bundesrätin Viola Amherd und SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider. Seit dem SRG-Wahlbarometer im Oktober haben sich Alain Bersets Sympathiewerte nicht verändert. Besonders erstaunlich ist gemäss der «NZZ am Sonntag», dass nur ein Drittel der Befragten Berset glaubt, dass er nichts von der mutmasslichen Weitergabe von vertraulichen Informationen durch seinen damaligen Kommunikationschef an Ringier wusste. Trotzdem hält eine Mehrheit von 64 Prozent nichts von einem Rücktritt und sieht die Hauptschuld bei allen anderen Beteiligten.
«Ende der Fahnenstange» für den Bundespräsidenten?
Politikerinnen und Politiker sowie der ehemalige Bundesratssprecher Oswald Sigg sind gegenüber den Indiskretionen und der Rolle von Bundesrat Alain Berset skeptischer. Der Bundesrat und die Schweiz seien in einer staatspolitischen Krise, sagt Sigg gegenüber der «NZZ am Sonntag»: «Das ist eine gravierende Geschichte.»
Vertrauliche Informationen gegen eine besonders wohlwollende Berichterstattung in der Ringier-Presse – diesen «Tauschhandel» bezeichnet der ehemalige Bundesratssprecher als eine Art von Korruption. Auch mit Alain Berset geht Sigg hart ins Gericht: «Wenn irgendjemand jetzt herausfindet, dass es eben doch nicht so war, dann heisst es für Herrn Berset wohl Ende der Fahnenstange.»
Klar ist, dass die Sprecher der Departemente sowie die Bundeskanzlei von den Indiskretionen wusste. Dem «SonntagsBlick» liegen die Protokolle der Konferenz der Informationsdienste aus den Jahren 2019 bis 2022 vor. Wie daraus hervorgeht, warnte Bundesratssprecher André Simonazzi mehrfach davor, «dass Indiskretionen nicht akzeptabel sind und nichts zur Glaubwürdigkeit der Regierung beitragen».
Hat Berset davon gewusst oder nicht? Bis wir eine Antwort auf diese Frage haben, dürfte es mehrere Monate dauern. So lange rechnet das GPK, um den entsprechenden Bericht zu erstellen.
(red.)