Krienser Historiker Lukas Tobler relativiert Macht der Schweizer Banken | PilatusToday
Heikle Geldgeschäfte

«Who's bad?» - Krienser Historiker zur Macht der Schweizer Banken

14.11.2020, 16:53 Uhr
· Online seit 14.11.2020, 15:51 Uhr
Klimaaktivisten prangern bei ihren Demonstrationen immer wieder Schweizer Grossbanken an, dass sie mit ihren Kreditvergaben den Klimawandel vorantreiben. Allen voran Credit Suisse und die UBS. Doch wie viel Einfluss haben diese Banken wirklich auf das globale Finanzgeschäft? Der Historiker und Banken-Experte Lukas Tobler hat dazu eine kritische Haltung.

Quelle: PilatusToday

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«Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut!», ziemlich genau zwei Jahre ist es her, als Schweizer Klimaaktivisten zu Tausenden vor der Credit Suisse demonstrierten. Der Grossbank wurde und wird immer noch vorgeworfen, durch «schmutzige Geschäfte» mit Firmen, die mit fossilen Brennstoffen ihr Geld machen, Mitschuld an der Erderwärmung zu tragen.

«Ziviler Widerstand und Proteste, wie dies die Klimaaktivisten vor der CS machten, hatte bisher historisch gesehen einen relativ geringen Einfluss auf die Geschäftstätigkeiten der Banken», so der Historiker Lukas Tobler. Seiner Meinung nach gibt es drei Möglichkeiten, um das Geschäftsfeld der Grossbanken zu verändern:

  • Staatliche Intervention (fixe Vorgaben, wo und wie Banken investieren dürfen und wo nicht)
  • Selbstregulierung der Banken 
  • Kunden machen Druck und fordern ein sogenanntes «sustainable investment»

Nach Toblers Einschätzung müssten aber extrem viele Kunden eine solche fordern, um überhaupt einen Einfluss auf die Alltagsgeschäfte einer Grossbank zu erwirken. Und das sei pure Utopie. «Dafür ist Geld schlicht ein zu persönliches, emotionales Thema.» Und wer sparen will für ein eigenes Haus oder für das Schulgeld seiner Kinder, der ist daran interessiert, sein Geld irgendwo anzulegen, wo es auf keinen Fall verloren geht und sich im besten Fall noch vermehrt.

Deshalb glaubt der Historiker erst ab diesem Tag an eine Kehrtwende der Banken, wenn es sich schlicht nicht mehr lohnt, in fossile Brennstoffe zu investieren. «Für die Banken braucht es ökonomische Anreize, um in erneuerbare Energien zu investieren.»

Das kann man als Privatperson tun

Damit fossile Brennstoffe möglichst bald unattraktiv werden, sei die Gesellschaft als Ganzes gefragt. Staaten müssen sich klar davon distanzieren und erneuerbare Energien subventionieren, aber auch jeder Einzelne könne etwas dafür tun, so Tobler. Zum Beispiel bei der Bank des Vertrauens «darauf pochen, dass das eigene Geld nicht in fossile Brennstoffe oder in die Herstellung von Kriegsmaterial investiert wird.»

Eine staatliche Intervention hingegen hält er in der wirtschaftsliberalen Schweiz für sehr unwahrscheinlich. «Dies würde dem Schweizer Verständnis einer freien und eigenständigen Wirtschaft sehr widersprechen.»

Mythos Bankenmacht?

Noch immer verwalten Schweizer Banken weltweit rund ein Viertel des grenzüberschreitenden Vermögens. Und dies, obwohl der Finanzplatz Schweiz seit der Aufhebung des Bankgeheimnisses spürbar an Attraktivität verloren hat.

Dennoch sei es falsch eine bestimmende Bankenmacht hinter der globalen Finanzindustrie zu sehen. «Der Schweizer Finanzplatz ist ein wichtiger politischer und wirtschaftlicher Akteur in der Schweiz und verfügt dementsprechend über einen grossen Einfluss auf die nationale Politik», so Tobler. «Im internationalen Kreditgeschäft ist er aber – vor allem im Vergleich zu den grössten Finanzzentren in den USA, Grossbritannien oder Asien – von geringerer Bedeutung.»

Trotzdem wurden und blieben Schweizer Banken seit den späten 60er eines der grossen Feindbilder vor allem linker Kreise. Die Vorwürfe blieben, hätten sich aber verändert. Zu Beginn wurde vor allem das Bankgeheimnis und damit der Schutz von illegalen Fluchtgeldern kritisiert, dann waren es die hohen Managerlöhne und jetzt die Investitionen in fossile Brennstoffe. Die Banken hatten stets grosse Mühe, moralische und ethische Kriterien für ihre Geschäftstätigkeiten zu akzeptieren und stellten immer ökonomische Aspekte in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. «Mit dieser Begründung verweigerten sich die Banken häufig dem Ruf nach transparenteren und nachhaltigeren Geschäftsmodellen», so Tobler.

Nischenprodukt Alternative Bank

Eine Ausnahme sei die Alternative Bank, die in den 80er-Jahren gegründet wurde, als klar wurde, dass die Grossbanken nicht so schnell zu einer Kehrtwende gebracht werden können. Diese Bank hat sich auf die Fahne geschrieben, nicht gewinnorientiert, sondern nachhaltig zu investieren. Mit diesem Geschäftsmodell sei sie zwar erfolgreich, aber klar ein Nischenprodukt. Denn die grosse Renditen sind woanders zu holen.

Das Thema hat dich gwundrig gemacht? Dann kannst du hier das ausführliche Interview nachschauen:

Quelle: PilatusToday

veröffentlicht: 14. November 2020 15:51
aktualisiert: 14. November 2020 16:53
Quelle: PilatusToday

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