«Wir werden vergessen» – Gehörlose werden ungenügend informiert
Jeweils am ersten Mittwoch im Februar werden die Sirenen getestet. Diese müssen im Katastrophenfall die Bevölkerung warnen. Der akustische Alarm ist jedoch nicht für alle zugänglich. So war es für Gehörlose bis 2018 nicht möglich, festzustellen, ob ein Sirenentest durchgeführt wird.
Gehörlose wurden lange nicht informiert
«Das Recht auf Information und das Recht auf Schutz wurde Gehörlosen lange Zeit verwehrt», sagt Harry Witzthum, Geschäftsleiter des Schweizerischen Gehörlosenbundes. «Sie wurden einfach vergessen, das ist eine Katastrophe.» Denn in der Schweiz leben laut Witzthum etwa 10'000 bis 20'000 Hörbeeinträchtigte. Dies seien jedoch Schätzwerte, repräsentative Zahlen des Bundes gebe es keine.
Nun warnt auch eine App
Der Schweizerische Gehörlosenbund setzt sich stark dafür ein, dass auch Gehörlose und Hörbehinderte im Katastrophenfall gewarnt werden können. Daher freut es Witzthum, dass heuer bereits das sechste Jahr auch über die App «Alertswiss» gewarnt wird.
«Alertswiss» warnt beispielsweise auch bei Trinkwasserverschmutzungen.
Mittels einer Push-Nachricht auf das Smartphone wird über die entsprechende Situation informiert. «Zudem vibriert das Smartphone und die Taschenlampe beginnt zu leuchten.» Dieser Informationsweg ist laut Harry Witzthum ein Schritt in die richtige Richtung. Denn: «Nun haben Gehörlose immerhin Zugang zu den Informationen, was vor 2018 nicht der Fall war.»
Positive Rückmeldungen beim Bund
Die «Alertswiss»-Kanäle entstanden in einer Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen. Seither erhalte man immer wieder positive Rückmeldungen, heisst es beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS auf Anfrage.
Quelle: CH Media Video Unit / Melissa Schumacher
Rund ein Fünftel der Bevölkerung nutzt laut dem BABS mittlerweile die App «Alertswiss». Man gehe aber von einer viel höheren Quote aus, wenn man beispielsweise die Informationen der Medien miteinbeziehe. Denn diese beziehen die Infos teilweise ebenfalls von den «Alertswiss»-Kanälen.
Keine flächendeckende Warnung
Obschon die Sirenentests unterdessen via «Alertswiss»-App angekündigt werden, ist Harry Witzthum vom Schweizerischen Gehörlosenbund noch nicht zufrieden. Der Informationsweg sei nicht flächendeckend. Auch könne man nicht davon ausgehen, dass alle Gehörlosen immer ein funktionierendes Smartphone hätten.
Der Gehörlosenbund appelliert deshalb an den Bund: «Wir fordern weiter, dass hörbeeinträchtigte Personen besser informiert werden. Es ist noch lange nicht perfekt.»