Aktionär Bieri unter Zugzwang

Vier mögliche Wege aus der FCL-Führungskrise

05.10.2022, 11:05 Uhr
· Online seit 04.10.2022, 16:15 Uhr
Derzeit ruft Bernhard Alpstaeg allen in Erinnerung, wer im FC Luzern das Sagen hat. Der Mehrheitsaktionär denkt in aller Öffentlichkeit über die Absetzung von Präsident Stefan Wolf und Sportchef Remo Meyer nach. Doch Verwaltungsrat und Minderheitsaktionär Josef Bieri stellt sich quer. Gelingt ihm abermals die Befriedung der FCL-Führung?
Andreas Ineichen, Freelancer
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Wann fällt der Vorhang der aktuellen Theateraufführung auf der Allmend? Von wem wird der Klub danach präsidiert? Und wer wird die Sportabteilung leiten? Wie wird dann der Verwaltungsrat (VR) zusammengesetzt sein? Und das Aktionariat? Aktuell geht es im FC Luzern wieder um grundsätzliche Fragen, die einigen Mitarbeitenden bange Tage bescheren.

Für Josef Bieri steht noch einiges mehr auf dem Spiel. Er hat Millionen von Franken in den Klub investiert und den jahrelang schwelenden Machtkampf zwischen Bernhard Alpstaeg und den ihm unversöhnlich gesinnten „Sieberianern“ (Marco Sieber, Samih Sawiris und Hans Schmid) beigelegt.

Darum hat der FCL seit Februar 2021 eine neue Führungsriege um den mandatierten VR-Präsidenten und Geschäftsführer Stefan Wolf. Josef Bieri besitzt seither 48 Prozent der Aktien an der FCL Holding AG. In diesem Gremium sitzt neben ihm nur noch Mehrheitsaktionär Bernhard Alpstaeg (52 Prozent), der darüber hinaus auch noch Mehrheitsaktionär der Stadion AG (60 Prozent) und Inhaber der Stadion Gastro AG (100 Prozent) ist.

Verzwickte Situation: Was macht Josef Bieri nun?

Mit der öffentlichen Desavouierung von Stefan Wolf und Sportchef Remo Meyer hat Bernhard Alpstaeg die neue Klubführung unlängst in ihren Grundfesten erschüttert. Sein medienwirksamer Auftritt hat allerdings mehr Fragen eröffnet als Antworten geliefert.

Für Josef Bieri stellt sich die entscheidende Frage: Will er weiterhin Aktionär sein, falls Bernhard Alpstaeg nach dem Kampf gegen die Sieberianer auch das aktuelle Machtspiel für sich entscheidet? Im Wissen darum, dass Bieri dann den von ihm beabsichtigten Verkauf eines Grossteils seines aktuellen Aktienpakets nicht vorantreiben kann. Denn solange Alpstaeg Mehrheitsaktionär ist, wird er kaum Interessenten finden, die bereit sein wird, in diesen FCL zu investieren.

Will Bieri aber nicht nur Mitaktionär sein, ist er zum Handeln gezwungen. Mit dem Ziel, mit Hilfe einer Zentralschweizer Investorengruppe Bernhard Alpstaeg ein Angebot zur Aktienübernahme zu unterbreiten. Es scheint in diesem noch undurchsichtigen Machtspiel nicht ganz ausgeschlossen, dass der Mehrheitsaktionär seinen Rückzug aus dem FCL plant.

Das würde erklären, warum der Zeitpunkt seiner Personalforderungen im FCL in der Aussenwirkung schwer nachvollziehbar ist. Alpstaeg hätte damit auf eine geschickte Art und Weise auf den gestiegenen Wert des FCL mit Neo-Nationalspieler Ardon Jashari und weiteren interessanten Akteuren aufmerksam gemacht.

Alpstaeg kann Verwaltungsräte abwählen lassen

Aber die Dinge können freilich auch ganz anders liegen. Will Bernhard Alpstaeg durchsetzen, dass sein Wille im FCL fortan Gesetz sein wird, stehen ihm zwei Möglichkeiten offen:

Erstens kann er eine ausserordentliche Generalversammlung der Holding einberufen mit dem einzigen Traktandum: Abwahl und Neubesetzung des FCL-VR. Als Mehrheitsaktionär kann er bestimmen, ob er sich aller bisherigen oder nur einzelnen Mitgliedern entledigen will. Damit riskiert er aber einen Imageschaden und den Exodus von wichtigen Mitarbeitenden mit viel Knowhow.

Quelle: PilatusToday / David Migliazza

Zweitens kann er seinen im VR sitzenden Stellvertreter Bruno Affentranger damit beauftragen, noch zwei weitere Mitglieder auf seine Seite zu ziehen. Doch einer solchen Mission scheinen nach der am Montag von Josef Bieri und im Namen des gesamten FCL-VR veröffentlichten Stellungnahme zu den aktuellen Ereignissen nur geringe Erfolgsaussichten beschieden zu sein.

Alpstaeg kann unliebsame Mitarbeiter rausekeln

Es gibt aber auch ein teuflisches Rezept, wie Alpstaeg seinen Willen im FCL bekommt. Er kann über die Medien weiter Indiskretionen verbreiten und von Zeit zu Zeit seinem Standpunkt mit markigen Worten Nachdruck verleihen. Damit könnte er Stefan Wolf und Remo Meyer weiterhin gängeln, bis diese den Bettel von sich aus hinschmeissen.

Eine Vorgehensweise, die er auf ähnliche Art und Weise schon gegen die Sieberianer angewandt hat. Denn der Machtmensch Alpstaeg ist es sich in seinem Leben nicht gewohnt, als zweiter Sieger aus einer Arena zu gehen.

Die Tage der Ungewissheit sind für die Führung des FC Luzern und seine Mitarbeitenden so schnell nicht vorbei.

veröffentlicht: 4. Oktober 2022 16:15
aktualisiert: 5. Oktober 2022 11:05
Quelle: PilatusToday

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