Champions League

Das epochale Scheitern von Juventus und Ronaldo

· Online seit 10.03.2021, 13:25 Uhr
Nach dem frühen Scheitern von Juventus Turin prasselt Kritik auf Cristiano Ronaldo nieder. Unter dem Strich kostet der Superstar den italienischen Rekordmeister vor allem sündhaft viel Geld.
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Die Szene muss beschrieben werden, weil sie an Symbolik nicht zu übertreffen ist. Cristiano Ronaldo, wie er sich in der 115. Minute beim Freistoss von Sergio Oliveira umdrehte und dem Ball zwischen seinen Beinen hindurch den Weg frei gab zum entscheidenden Tor für den FC Porto. Wenige Minuten später war Juventus Turin in den Achtelfinals der Champions League ausgeschieden.

Ronaldo also, der Spieler, den sie nach Turin geholt hatten, um die Champions League zu gewinnen, hatte sich abgedreht, dem Geschehen quasi den Rücken zugewandt - oder besser: er hat sich abgewandt! Statt mit dem italienischen Rekordmeister den seit 25 Jahren ersehnten Titel in der Champions League zu gewinnen - kein anderer Klub mit vergleichbarem Renommee wartet ähnlich lange auf diesen Triumph -, wurde Ronaldo am Dienstag zur Symbolfigur des x-ten Scheitern von Juventus auf der europäischen Bühne.

Als er 2018 nach Turin kam, schien das fehlende Puzzleteil für den Titel in der Champions League gefunden. In den vier Saisons zuvor hatte Juventus zweimal im Final gestanden und war einmal mit viel (Schiedsrichter-)Pech in den Viertelfinals an Real Madrid gescheitert. Mit Ronaldo würde es klappen, dachten sie in Turin.

Gescheitert an Ajax, Lyon und Porto

Doch mit Ronaldo passierte das Undenkbare, das Gegenteil nämlich: Juventus hat sich von der europäischen Spitze wieder entfernt. Nie kam man mit dem Superstar aus Portugal in die Halbfinals. Und gescheitert ist man dabei nicht an den Top-Teams. Ajax Amsterdam, Olympique Lyon und FC Porto hiessen die Hürden, über die Juventus stolperte.

Das Engagement von Ronaldo wird vor diesem Hintergrund zur grossen Geldvernichtungsaktion. Zum epochalen Scheitern. «Das Projekt ist gescheitert», schrieb die Tageszeitung «Corriere della Sera». Und die Sportzeitung «Gazzetta dello Sport» meinte: «Die Fusion zwischen der Institution Juventus und dem Unternehmen Ronaldo war ein Missverständnis.»

348 Millionen Euro für zwei Meistertitel

Gekostet hat dieses Missverständnis 348 Millionen Euro. 100 Millionen Euro gingen als Transfersumme vor drei Jahren an Real Madrid, der Rest geht an Ronaldo. Sein Brutto-Lohn beträgt 62 Millionen Euro pro Saison (bis 2022). Die zwei Meistertitel 2019 und 2020, die Scudetti acht und neun in der seit 2012 laufenden Rekordserie, hätte Juventus günstiger haben können.

Am Tage nach dem Scheitern machen sich solche Zahlen in der Analyse gut. Doch allein an Ronaldo und seinem schwachen Auftritt gegen Porto lässt sich das Ausscheiden nicht festmachen. Vielmehr offenbarte Juventus als Kollektiv Schwächen. Zwar spielte der italienische Meister phasenweise mit Wucht, aber halt auch gänzlich ohne Kreativität. Das Offensivschema war so simpel wie unwürdig. 50-Meter-Spielverlagerungen von Innenverteidiger Leonardo Bonucci oder Flanken von Aussenverteidiger Cuadrado aus dem Halbfeld in den Rücken der gegnerischen Abwehr.

Auf der Anklagebank der medialen Prozesse sitzt deshalb neben Ronaldo auch Trainer Andrea Pirlo. Im Sommer kam der ehemals brillante Mittelfeldstratege und Trainer-Novize für den entlassenen Maurizio Sarri ins Amt. Unter Pirlo hätte Juventus nicht nur erfolgreichen, sondern auch schönen Fussball spielen sollen. Jetzt ist man nicht einmal mehr erfolgreich. In der Champions League ausgeschieden, in der Meisterschaft mit zehn Punkten Rückstand auf Leader Inter Mailand auf Platz 3 klassiert. Deshalb sehen es in Turin nicht wenige so: Bei Juventus ist neben Ronaldo auch das Projekt Andrea Pirlo gescheitert.

veröffentlicht: 10. März 2021 13:25
aktualisiert: 10. März 2021 13:25
Quelle: sda

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