Der Kampf um den Schweizer Meistertitel gleicht einem Ausscheidungsrennen. Übriggeblieben sind St. Gallen, die erfrischende junge Mannschaft, und die Young Boys, die aus den letzten zwei Saisons wissen, wie man im Schweizer Fussball das Rennen macht.
Vergleicht man es mit einem Hürdensprint, so liegen die Young Boys vor der letzten Hürde eine Hürde vor den St. Gallern. Die Ostschweizer können die Berner nur noch ein- und überholen, wenn diese an der letzten Hürde hängenbleiben und stürzen. Eine Niederlage in Sitten in der vorletzten Runde am kommenden Freitag wäre dieser Sturz. Seit dem November 2016 haben die Young Boys 14 von 14 Duellen in der Meisterschaft mit Sion gewonnen. Das 15. Duell ist das wichtigste. Sollten sie ausgerechnet über diese Hürde straucheln? Sie müssten nicht einmal elegant über die Hürde springen. Ein solides Unentschieden würde zum dritten gelbschwarzen Meistertitel am Stück reichen.
Würden sie aber tatsächlich stürzen, müssten sich die Berner aufrappeln und St. Gallen vor den letzten paar Metern fast gleichziehen lassen. Es käme zum Schlussspurt, den sich vor allem die neutralen Fans erhofft hatten: eine «Finalissima» in der 36. Runde; YB gegen St. Gallen im Wankdorf. Der Sieger wäre Meister, YB würde ein Unentschieden langen.
Aber warum sind Basel und Servette in diesem Ausscheidungsrennen nicht mehr dabei? Die Genfer stolperten in den englischen Wochen nicht mit Niederlagen, sondern mit Unentschieden. Viermal remisierten sie gleich zu Beginn, zwei weitere Remis kamen dazu. Es erwies sich auch, was hatte erwartet werden müssen: Das Kader von Trainer Alain Geiger ist numerisch so breit wie die Kader der weiteren Spitzenmannschaften, aber die Auswahl an valablen Spielern ist nicht gross genug. Der Rhythmus der englischen Wochen ist den Servettiens mehr an die Substanz gegangen als anderen.
Der FC Basel stolperte über die eigenen Füsse, nämlich an seiner Unbeständigkeit. Mit fünf Punkten Rückstand auf St. Gallen und YB bei der Wiederaufnahme im Juni gestartet, haben es die Basler nicht geschafft, zu einer Siegesserie auszuholen. Niederlagen in Luzern, Thun und beim Lieblingsgegner Sion beendeten jeden Versuch einer Aufholjagd. Am Anfang der Saison, in den Runden 3 bis 6, gewann die Mannschaft von Trainer Marcel Koller vier Spiele am Stück. Danach riss jede junge Serie nach zwei Spielen.
So dürften denn die Young Boys zuletzt das «Last team standing sein» und den Titel mit Begeisterung, aber auch mit einer gewissen Routine einfahren. Trainer Gerardo Seoane verlor nach dem 1:0-Sieg gegen Luzern kein Wort über den möglichen Meistertitel und über die zwei verbleibenden Partien. Er nahm die Gratulation seines Luzerner Kollegen Fabio Celestini entgegen, analysierte kurz die beiden Halbzeiten und sprach seinen Spielern ein eher dezentes als überschwängliches Lob für ihre Leistung aus. Das war alles.