Erfahrungsbericht

Von «Marsmännchen» und stundenlangem Warten – meine skurrile Anreise nach Peking

24.01.2023, 18:50 Uhr
· Online seit 03.02.2022, 09:01 Uhr
Es ist etwas, das ich mir im Vorfeld ganz anders vorgestellt habe: die Anreise an die Olympischen Winterspiele nach Peking. Doch es wird eine Erfahrung mit einem Happy End, trotz vielen bizarren Situationen.
Anzeige

Seit Wochen, nein seit Monaten, freue ich mich auf meinen Olympia-Einsatz für die Today-Plattformen von CH Media wie ein kleines Kind auf seinen Geburtstag. Um den grossen Traum nicht zu gefährden, habe ich auf vieles verzichtet und die privaten Kontakte auf praktisch null heruntergefahren. Hinzu kamen tägliches Fiebermessen und mehrere PCR-Tests.

Die Materialschlacht beginnt

Am Dienstagabend ist es dann endlich so weit und mein Olympia-Abenteuer kann beginnen. Als ich am Flughafen Zürich ankomme, trifft mich jedoch fast der Schlag. Die Schlange vor dem Check-in-Schalter ist riesig. Zahlreiche Athleten, Betreuerinnen und Trainer haben das gleiche Ziel: Sie alle wollen auf den Spezialflug LX 2696 nach Peking.

Zu meinem grossen Erstaunen sind nicht nur Schweizer Athleten in der Warteschlange, sondern auch solche aus Österreich, Grossbritannien und sogar Jamaika. Da es sich bei den allermeisten Flugpassagieren um Sportler handelt, haben sie deutlich mehr Gepäck dabei als ich. Von Slalomstangen bis hin zu Skisprung-Skis – alles muss mit. Entsprechend lange dauert das Anstehen.

Nach dem Check-in verläuft alles reibungslos, zumindest fast. Zwei Passagiere können doch nicht mitfliegen, weshalb ihr Gepäck wieder ausgeladen werden muss. Dann hebt der Swiss-Flieger mit einer kleinen Verspätung ab in Richtung Peking. Und meine Vorfreude wird immer grösser.

Peking, ich komme!

Kurz vor dem Landeanflug auf Peking kann ich einen Blick auf die Olympia-Skipisten erhaschen. Hätte der Pilot nicht darauf hingewiesen, hätte wohl kaum jemand bemerkt, dass Odermatt, Feuz und Gut-Behrami auf genau diesem Berg um Olympia-Gold fahren werden. Denn es liegt kaum Schnee.

In Peking angekommen, geht es raus aus dem Flieger. Und bereits da muss ich ein erstes Mal schmunzeln. Wir werden direkt bei der Türe von einer Handvoll Chinesen empfangen, die einen Ganzkörperanzug tragen. Auch ihr Handy, das sie bedienen, ist separat in einer Plastiktüte verpackt. So muss es sich wohl anfühlen, einem Marsmenschen zu begegnen, denke ich mir und passiere die erste Station.

Warten, warten und nochmals warten

Nach einem kurzen Marsch heisst es erst einmal: warten. Nach einer guten Viertelstunde werden die Passagiere tröpfchenweise zur nächsten Station geschickt, wo an einem von zahlreichen Schaltern nochmals alle Personalien und Gesundheitsangaben überprüft werden. Ich verstehe nur Bahnhof, doch zum Glück ist sofort ein «Marsmensch» zur Stelle und hilft mir.

Ich bin überrascht, wie gut organisiert die Ankunft bisher abläuft. Denn ich habe mir im Vorfeld ausgemalt, dass ich mitten in einer völlig überfüllten Ankunftshalle stundenlang auf die Passkontrolle warten muss. Doch ich lasse mich eines Besseren belehren und marschiere weiter zum PCR-Test. Zahlreiche Kabinen und ebenso viele Helferinnen und Helfer stehen bereit, um den Abstrich durchzuführen – einmal in der Nase, einmal im Mund.

Wie in einem falschen Film

Ich werde etwas nervös. Denn einige Mitreisende husten, als müssten sie demnächst erbrechen, als ihnen das Stäbchen in den Rachen gestossen wird. Andere meinen im Anschluss an den Test, dass sie das Stäbchen wohl noch nie zuvor so tief in die Nase gesteckt erhalten hatten. Ich hatte Glück und die Person, die den Test bei mir durchführte, war etwas sanfter.

Weiter geht es zur Passkontrolle. Danach ist die Einreisetortur aber sicherlich vorbei, – denke ich. Doch weit gefehlt. Wir werden in einen weiteren Wartebereich geführt und müssen dort einmal mehr das tun, was man bei der ganzen Einreise bereits an jeder Station tun musste: warten. Nach einer gefühlten Ewigkeit dann endlich die Erlösung: Wir können nach und nach unser Gepäck abholen und in den Car steigen, der uns zu unserem Hotel bringt.

Die Erlösung naht

Ich gehöre zur letzten Gruppe, die den Flughafen verlässt. Entsprechend leer ist das Fahrzeug. Nur ein weiterer Journalist sitzt mit mir im Bus, der wie vieles in Peking coronakonform umgerüstet wurde. Unmittelbar hinter dem Chauffeur ist eine dicke, durchsichtige Blache gespannt, damit kein direkter Kontakt mit den Passagieren entsteht. Und jeder zweite Sitz ist mit einem Kleber versehen, der das Hinsetzen verbiete, damit ja nicht zwei Personen direkt nebeneinandersitzen.

Nach einer weiteren halben Stunde treffe ich dann endlich im Hotel ein. Ich schaue aufs Handy. Es ist 15.40 Uhr. Seit der Landung sind sage und schreibe vier Stunden vergangen. Doch das ist mir in diesem Moment egal. Ich bin einfach froh, bin ich im Hotel angekommen.

Und als dann wieder eine Stunde später mein Telefon klingelt und in gebrochenem Englisch gesagt wird: «With your test at the airport, everything is okay» bin ich erleichtert. Ich hab's geschafft. Mein Olympia-Abenteuer kann beginnen!

veröffentlicht: 3. Februar 2022 09:01
aktualisiert: 24. Januar 2023 18:50
Quelle: PilatusToday

Anzeige
Anzeige
redaktion@pilatustoday.ch