Flandern-Rundfahrt

Mit Selbstvertrauen und Zuversicht in die «Ronde»

· Online seit 03.04.2022, 06:12 Uhr
Mit der Flandern-Rundfahrt steht am Sonntag der zweite Höhepunkt dieser Radsaison an. Stefan Küng versprüht nach einer optimalen Vorbereitung viel Zuversicht: «Ich fühle mich so gut wie nie.»
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Stefan Küng und die grossen Klassiker, das ist so eine Sache. Eigentlich bringt der Thurgauer alles mit, um bei den legendären Eintagesrennen ganz vorne mitmischen zu können. Der Zeitfahr-Europameister ist bekannt für seine herausragenden Rollerfähigkeiten, sein Stehvermögen und die Bereitschaft zu leiden.

Schon oft hat Küng in früheren Saisons bei den flämischen Vorbereitungsrennen sein Potenzial angedeutet. Doch der grosse Wurf wollte ihm nie gelingen. Die sogenannten Monumente des Radsports waren bislang nicht Teil seiner Erfolgsgeschichte. Ein 11. Rang im Jahr 2019 bei Paris-Roubaix ist sein mit Abstand bestes Ergebnis.

Im Speziellen die Flandern-Rundfahrt brachte ihm wenig Glück. Seine letzten beiden Teilnahmen waren zum Vergessen. 2020 blieb er geschwächt von einer Magendarm-Erkrankung im kräftezehrenden Finale chancenlos. Auch im letzten Jahr musste er seine Ambitionen auf einen Spitzenplatz früh begraben, nachdem ihn ein anderer Fahrer zu Boden gerissen hatte und dabei Küngs Schuhplatte in die Brüche ging.

Die «Ronde van Vlaanderen», das grosse Volksfest der Flamen, war für Küng mehrheitlich mit Frust und Enttäuschungen verbunden.

Podest fürs Selbstvertrauen

Doch diesmal soll alles anders werden. Der aus Wilen bei Wil stammende Ostschweizer scheint in seiner Entwicklung nochmals einen Schritt nach vorne gemacht zu haben. Vergangene Woche stand er bei der E3 Classic in Harelbeke als Dritter zum ersten Mal bei einem Eintagesrennen der World Tour auf dem Podest. «Es war gut, einmal ein grosses Resultat einzufahren bei einem Klassiker. Das gibt Selbstvertrauen und befreit», sagte Küng im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Am Mittwoch folgte mit Platz 6 bei «Quer durch Flandern» die Bestätigung.

Dass es ihm momentan so gut läuft, überrascht Küng nicht wirklich. «Ich habe mich eigentlich schon im ganzen Aufbau zu den Klassikern gut gefühlt. Es zeigt sich jetzt, dass ich sicher auf einem besseren Niveau bin als in den letzten Jahren», so der 28-Jährige, der 15 seiner 22 Profisiege im Einzelzeitfahren erringen konnte.

Was auffällt: Küng fährt in dieser Saison auch stark bergauf. Sein 6. Rang in der Bergetappe zum Abschluss der Fernfahrt Paris-Nizza ist nur ein Beispiel dafür. Hat er in der Vorbereitung grundlegend etwas geändert? «Nein, wahnsinnig viel anders haben wir nicht gemacht. Ich fuhr auch in der Vergangenheit bereits gut bergauf, habe mich jedes Jahr ein bisschen verbessert, so auch auf diese Saison hin.»

Er habe aber sicher aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, wenn es darum geht, die richtige Balance zu finden, «genug aber nicht zu viel zu trainieren im Winter».

Mit Bronchitis im Bett

Noch vor zehn Tagen war für Küng ans Velofahren jedoch nicht zu denken. Wie so viele andere Berufskollegen wurde auch er Mitte März von einer Erkältungswelle erfasst. «Unmittelbar nach Paris-Nizza war ich krank. Ich habe mir eine schwere Bronchitis eingefangen, wie die Hälfte der Fahrer im Peloton.»

Acht Tage lang konnte er deshalb keine harten Trainingsfahrten machen. Das habe ihn vor allem mental gefordert: «Wenn du eine Woche vor dem nächsten Rennen mit Husten im Bett liegst, dann fragst du dich, wie du in sieben Tagen wieder Velorennen fahren kannst.» Es sei wichtig gewesen, ruhig zu bleiben und Vertrauen zu haben, dass alles gut kommt. Dem Nichtstun konnte Küng durchaus auch etwas Gutes abgewinnen. «Bei den Klassiker-Rennen ist es besonders wichtig, dass man genug frisch ist. Von dem her war die Pause vielleicht gar nicht schlecht.»

Topfavorit Van Aert fehlt

Nun also folgt am Sonntag mit der Flandern-Rundfahrt die erste grosse Härteprüfung in diesem Jahr; das Rennen von Antwerpen nach Oudenaarde mit den kurzen, giftigen Steigungen und ständigen Richtungswechseln. Die 106. Ausgabe bietet auf 272,5 Kilometern 18 sogenannte «Hellingen» und 7 Kopfsteinpflaster-Passagen.

Bei Groupama-FDJ ist Küng als Teamleader gesetzt. Zusammen mit dem Franzosen Valentin Madouas soll er für die französische Equipe die Kohlen aus dem Feuer holen. Für Küng wäre der belgische Ausnahmekönner Wout van Aert der klare Topfavorit gewesen, auch weil er mit Jumbo-Visma das derzeit beste Team im Rücken hat. Wegen einer Corona-Infektion musste Van Aert am Freitag für den Frühjahrsklassiker in seiner Heimat jedoch Forfait erklären.

Nun rücken andere Namen in den Fokus. Neben dem Vorjahressieger Kasper Asgreen und -zweiten Mathieu van der Poel gilt es auch den zweimaligen Tour-de-France-Sieger Tadej Pogacar im Auge zu behalten, der sein Debüt bei «vlaanderens mooiste» (Flanderns Schönste) geben wird.

veröffentlicht: 3. April 2022 06:12
aktualisiert: 3. April 2022 06:12
Quelle: sda

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