Ex-FCL-Spieler Voca

Zwischen Avocado-Sehnsucht und Fussball-Ekstase

02.03.2021, 12:21 Uhr
· Online seit 02.03.2021, 11:35 Uhr
Von Luzern nach Ankara: Diesen Weg schlug im vergangenen September Idriz Voca ein. Das FCL-Eigengewächs wechselte in die türkische Süper Lig zu MKE Ankaragücü. Nach fünf Monaten vermisst er zwar die Avocados, nicht aber den Schweizer Fussball.
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Idriz Voca sitzt im Wohnzimmer seiner Wohnung, als wir ihn zum Video-Interview «treffen». Er wirkt locker, fröhlich. Trotz der sportlich eher angespannten Situation seines Teams. Ankaragücü ist Zweitletzter, punktgleich mit dem Schlusslicht. «Es war schwierig für uns zuletzt, wir hatten einige wichtige Ausfälle», so Voca.

Der türkische Fussball ist geprägt von Einzelspielern. «Der Fussball ist sehr intensiv hier», gibt Voca zu. «Jedes Team hat diesen einen Spieler, der das Spiel entscheiden kann. Darauf ist der Spielstil ausgelegt.» Der Rest der Mannschaft geht resolut zur Sache und versucht, das Spiel des Gegners «zu zerstören». Ab der 60. Minute habe dann aber niemand mehr das Gefühl verteidigen zu müssen, da könne man jedes Team schlagen, meint Voca mit einem Lachen. Auf dem Platz fühlt sich Idriz Voca immer wohler. Nach überstandener Corona-Infektion kommt er immer besser in Form.

Ein Hochhaus für alle Fälle

Abseits des Rasens hat er sein Glück ebenfalls gefunden. Er wohnt in einem Hochhaus mit seiner Freundin und einer grossartigen Aussicht auf die Stadt Ankara. «Auch wenn Ankara eine Riesen-Stadt ist, habe ich mich hier sehr schnell wohl gefühlt und auch zurechtgefunden.»

Im gigantischen Wohnkomplex ist Idriz Voca nicht der einzige Ankaragücü-Spieler. «So treffen wir uns immer mal wieder, können gemeinsam etwas machen. Reden oder Kaffee trinken». Vielmehr ist dann aber auch nicht drin. Auch in der Türkei herrschen nach wie vor strikte Corona-Massnahmen. Umso besser, gibt es im Wohnhaus von Voca einen Supermarkt, ein Fitnesscenter und Swimmingpools.

«Ich kann halt noch nicht türkisch lesen», lacht Voca. Daher bekomme er medial nicht alles mit. Dennoch komme er zurecht. «Man spürt die Corona-Krise auch hier. Leider auch, dass die Fans nicht ins Stadion dürfen.»

Doch auch ohne Fans sei die fussballverrückte Stimmung in der Türkei spürbar. «Wenn wir gewinnen oder verlieren, wir kriegen alles mit», so Voca. «Die Fans spürst du, egal ob sie im Stadion sind oder nicht. «Der Druck hier ohne Fans ist fast grösser als in der Schweiz mit Fans.»

«Irgendwann komme ich sicher zurück»

Auch wenn Voca mittlerweile in der Türkei spielt, die Verbindung in die Schweiz ist nach wie vor gross. «Ich habe viel Kontakt. Mit ehemaligen Mitspielern, aber auch mit Freunden und Familie». Natürlich schaut Voca wenn immer möglich auch die Spiele «seines» FCL. «Natürlich ist der FCL mein Herzensverein. Irgendwann komme ich sicher zurück, das wäre schön. Aber im Moment ist mein Fokus voll und ganz hier. Ich habe noch viel vor».

Grösser als die Sehnsucht nach dem Schweizer Fussball ist die Sehnsucht nach etwas anderem. «Ich vermisse Avocados», lacht Voca. «In der Türkei gibt es keine feinen Avocados. Die vermisse ich echt. Und Wild Bowls».

Schuhe putzen? Muss er nicht!

Hungern muss Voca aber bestimmt nicht in der türkischen Hauptstadt. Dass es ihm auch sonst an nichts fehlt, dafür sorgt der Club. «Das ist unglaublich, es ist wirklich hochprofessionell», schwärmt Voca. «Wir haben einen riesen Staff und für jeden Bereich jemanden. Nach dem Training kommt zum Beispiel einer und nimmt meine Schuhe mit zum Putzen». Es sind diese Annehmlichkeiten, die den Unterschied zur Schweiz ausmachen. In der Schweiz musste sich Voca hingegen nie Gedanken machen, ob der Lohn Ende Monat pünktlich überwiesen wird. Und wie ist es in der Türkei? «Kein Kommentar», bleibt Voca diplomatisch.

Man spürt, Idriz Voca fühlt sich wohl in seiner neuen Fussball-Heimat. Auch wenn auf dem Platz noch nicht alles läuft, wie es sollte. Voca ist überzeugt, dass er von Tag zu Tag besser wird und zu einem immer wichtigeren Teil der Mannschaft wird. Sollte das Abenteuer Türkei mal zu Ende gehen, bleibt die Hoffnung, dass Voca irgendwann mal zurückkehrt. Zurück zu seinem Herzensverein FC Luzern.

veröffentlicht: 2. März 2021 11:35
aktualisiert: 2. März 2021 12:21
Quelle: PilatusToday

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