Erstmal herzlichen Glückwunsch, Sie sind das beliebteste
Gemüse der Schweiz. Wie fühlen Sie sich?
Rüebli: Vielen Dank. Wir haben natürlich alle nicht damit gerechnet und freuen uns jetzt umso mehr. Aber es steckt auch viel harte Arbeit dahinter.
Wie erklären Sie sich ihren Erfolg?
Ich will nicht von Erfolg sprechen. Wir machen einfach
unseren Job. Die Arbeit auf dem Feld ist hart aber wir gedeihen mit Leidenschaft. Viele gute Kameraden haben es leider nicht auf die Teller geschafft und man ist immer nur so stark wie das schwächste Möhrchen. Aber die
Bestätigung, die wir nun von der Schweizer Bevölkerung erhalten haben, tut
natürlich gut.
Was machen Sie besser als die anderen Gemüse?
Unsere Vielfältigkeit ist sicher ein Pluspunkt. Unsere Fans
reichen vom Kleinkind bis zum Greis. Püree, Salat, gekocht, gegart, geraffelt
und sogar als Kuchen wissen wir zu begeistern.
Wie muss man sich ihre Arbeit vorstellen?
Ach, wo soll ich da nur anfangen? Viele denken, wir liegen
nur rum und warten darauf, geerntet zu werden. Aber sehen Sie sich mich mal an:
20 Zentimeter konische Perfektion. Das kommt nicht von ungefähr. Davon kann so mancher Ihrer Artgenossen nur
träumen.
Ich spüre, Sie werden gerade etwas emotional. Woher kommt
das?
Als Rüebli ist es einfach nicht erwünscht, dass sie eine
dicke Haut haben. Je dünner desto besser, heisst es immer. Das baut einen
gewissen Druck auf. Aber ich bin auch nur ein Gemüse, das darauf wartet,
geliebt zu werden.
Sie sind nun das Nummer-Eins-Gemüse in der Schweiz und haben
die Tomate und die Peperoni deplatziert. Das muss Ihnen doch eine gewisse
Genugtuung geben?
Ich möchte mich eigentlich nicht zu meinen Gegenspielern
äussern. Wir schauen nur auf uns. Allerdings zeigt sich doch, dass die Südländer-Allianz keinen
müden Stengel gegen uns hat. Für anderes als Püree ist dieses rote Fallobst so
oder so nicht gut.
Exotisches Gemüse ist immer mehr auf dem Vormarsch. Fühlen Sie sich bedroht?
Wenn es hart auf hart kommt, wird sich die Schweizer Bevölkerung wieder auf das Währschafte besinnen. Klar, auch ich gönne mir im Sommer am Strand mal einen Schnitz Wassermelone. Für den Alltagsgebrauch und die Schweizer Küche ist dieser exotische Gugus aber nichts.
Wie geht es jetzt bei Ihnen weiter?
Der Schweizer Rüebli-Markt scheint gesättigt und ich sehe unsere Arbeit für den Moment als getan. Deshalb gönne ich mir und meiner Frau erstmal eine Nordsee-Kreuzfahrt. Wegen Corona wissen wir allerdings noch nicht, ob der Export reibungslos über die Bühne gehen wird. Für den nächsten Sommer streben wir an, den Glacé-Markt zu erobern. Der Siegeszug des Rüeblis ist nicht mehr zu stoppen.
(red.)