Kultur

Schweizer Kulturschaffende gehen in Frankreich zwei Jahre auf Tour

· Online seit 20.01.2022, 14:12 Uhr
In den kommenden zwei Jahren werden französische Städte wie Marseille oder Lyon Schauplatz mehrtägiger kleinerer Schweiz-Festivals - mit Theater, Konzerten oder Ausstellungen. Pro-Helvetia-Direktor Philippe Bischof erklärt, was es damit auf sich hat.
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Hintergrund dieser «Tour de France» schweizerischer Kulturschaffender ist, dass das Centre culturel suisse in Paris (CCS) von 2022 bis 2024 renoviert wird und die Kultur deshalb ausziehen muss. Aus dieser Not machen die Hausherren Pro Helvetia und das CCS nun eine Tugend: «Wir wollten das Haus nicht einfach schliessen und die Kulturschaffenden im Regen stehen lassen; vielmehr nutzen wir diese zwei Jahre, um ihnen neue Räume zu erschliessen», sagt Philippe Bischof, Direktor Pro Helvetia gegenüber Keystone-SDA. Das CCS ist eine Aussenstelle der Kulturstiftung und hat den Auftrag, zeitgenössisches schweizerisches Kunst- und Kulturschaffen in Frankreich bekannt zu machen.

Tour durch zehn Städte

Mit «neuen Räumen» meint Bischof Städte und deren öffentlichen Raum in ganz Frankreich. Unter Dach und Fach sind die Verträge mit Marseille, Lyon, Bordeaux, Toulouse und Dunkuerque. Mit weiteren sei man noch in Verhandlung. Geplant sind «etwa zehn mehrtägige Mini-Festivals», so Bischof.

Dem französischen Publikum werden Ausstellungen, Theater- und Tanzveranstaltungen, Konzerte oder Lesungen von Künstlerinnen und Künstlern aus der Schweiz geboten. Dem Auftrag von Pro Helvetia gemäss steht zeitgenössisches Kulturschaffen im Zentrum: musikalisch etwa Jazz, Elektro-Pop und Experimentalmusik oder auf der Grenze zur Literatur der Comic sowie bildende Kunst. «So können wir ein neues Publikum ansprechen», sagt Bischof. Im Blick hat er dabei auch die Perspektive Schweizer Kunst-und Kulturschaffender, «denen sich neue Regionen und Kulturmärkte erschliessen».

Im Frankreich ausserhalb der Hauptstadt scheint Pro Helvetia damit auf offene Türen zu stossen, gar einen Nerv der Zeit getroffen zu haben. Denn im zentralistisch organisierten Nachbarland der Schweiz gibt es längst Opposition gegen die Vormachtstellung von Paris, auch in kulturellen Belangen. «Grosse Akteure wie etwa die Biennale de Lyon waren sofort dabei», erzählt Bischof.

Kostendach von 800'000 Euro

Organisatorisch wird nun ein Team des CCS jeweils vor Ort die Anlässe umsetzen und dann weiterreisen. Die Programme sind je nach Stadt unterschiedlich, weil sie zusammen mit den Partnerorganisationen entstehen. «Sie kennen das Publikum und wissen, was funktioniert», sagt Bischof. Finanziert werden die Schweiz-Festivals aus dem Programmgeld des CCS, da ja die Institution in Paris zwei Jahre geschlossen ist. Aus diesem Topf sind rund 600'000 Euro vorgesehen. Hinzu kommt eine projektgebundene Zusatzfinanzierung von 200'000 Euro, die Pro Helvetia beisteuert.

Die Ausführungen von Philippe Bischof deuten darauf hin, dass das CCS und Pro Helvetia mit der «Tour de France» über die zwei Jahre der Renovierung hinaus denken. Ursprünglich stamme die Idee vom CCS-Direktor Jean-Marc Diébold, sagt Bischof. Dieser habe schon bisher in Paris mit anderen Institutionen, etwa mit dem Centre Pompidou, zusammengearbeitet. «Jetzt wollen wir die Paris-Blase sprengen, die Kultur dezentralisieren und weiterhin unsere Verantwortung gegenüber den Schweizer Kunstschaffenden wahrnehmen», sagt Bischof.

veröffentlicht: 20. Januar 2022 14:12
aktualisiert: 20. Januar 2022 14:12
Quelle: sda

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