Karfreitag

Darum braucht es veganen Fisch – und so schmeckt er

02.04.2021, 11:52 Uhr
· Online seit 02.04.2021, 11:47 Uhr
Karfreitag. Der christliche Glaube sagt: Fisch. Und wir servieren Lachsbrötchen, dass uns der (Meerrettich-)Schaum im Mund zusammenläuft. So weit, so schlecht für die überfischten Weltmeere. Aber es gibt Hoffnung – in Form von veganen Fischprodukten. Richtig guten, veganen Fischprodukten.
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Ganz ruhig. Ich möchte niemandem vorschreiben, was er oder sie zu essen hat. Und ich möchte auch nicht streiten. Ja, nicht mal die Moralkeule möchte ich schwingen. Ich möchte einfach sachlich über die aktuelle Situation der Meere informieren, sowie Alternativen aufzeigen, wenn man eben doch nicht auf Lachs und Thunfisch verzichten will. Und da Essen sowieso schon lange zur Religion verkommen ist und der Fisch am Karfreitag eh schon «göttlich verschrieben» wird, möchte ich das heute machen. Zudem dürfte einigen von uns die Lust am Fisch vergangen sein, seit die Doku «Seaspiracy» kürzlich auf Netflix erschienen ist.

Also – tauchen wir ein (weisch, wege Fisch) in die veganen Fischprodukte. Vegane Fischstäbchen (hauptsächlich aus Soja) gibt es ja schon länger. Und keine Angst, liebe Verfechterinnen und Verfechter von «WIESO MUSS ES SO HEISSEN WIE DAS ORIGINAL, WENN ES GAR NICHT DAS ORIGINAL IST?!» – sie nennen sich nicht Fischstäbchen. Sondern «Sea Style Sticks» oder auch «Vegane Knusperstäbchen nach Meeresart». Ja, ich hab‘ mich auch darüber amüsiert. Aber geschmacklich: Meiner Meinung nach identisch zu den «originalen» Fischstäbchen. Gut, auch bei den fischigen Fischstäbchen schmeckt irgendwie alles nach Panade, Fett und Mayonnaise, die man dazu isst (wer ganz vornehm ist, beträufelt die Stäbchen noch mit Zitrone). Jetzt kommt aber das Verblüffende. Seit einiger Zeit gibt es auch veganen Thunfisch und sogar veganen Lachs.

Der «Thon» im Test:

Während bei den Fleischersatzprodukten geschmacklich oftmals klar ist, dass da kein «echtes» Schnitzel auf dem Teller liegt, würde ich bei veganem Thunfisch meine Hand ins Feuer legen, dass man es nicht merkt. Schon wenn man das Glas öffnet, strömt einem der unverkennbare Thunfisch-Duft in die Nase. Textur, Konsistenz und Geschmack sind so verblüffend echt, dass man sich gar nicht recht traut, davon zu essen. Und zwar, weil man Angst hat, nach dem Verzehr am eigenen Thunfisch-Atem unter der Maske zu leiden. So schlimm ist es nicht – der Duft des Vuna ist intensiver als sein Geschmack. Heisst aber, wenn man sich ein Sandwich damit macht, ohne es luftdicht zu verschliessen, hat man bald einen «Rucksack nach Meeresart».

Der «Lachs» im Test:

Beim veganen Lachs muss ich ehrlich sagen, dass ich erst in den Genuss der Migros-Eigenmarke V-Love gekommen bin. Sie bieten Lachs-Ersatz aus geräucherten Karotten an, haben das aber nur bis Ostern und «solange Vorrat» gemacht. Den Lachs von «Wild Foods» aus dem Berner Oberland (alles regionale Produkte) soll es bei Coop aber auch weiterhin geben. Hier muss ich sagen, dass der V-Love-Lachs mich pur nicht umgehauen hat. Selbst wenn man versucht, nicht an «echten» Lachs zu denken, schmecken die saftigen Rüebli-Streifen schlussendlich halt doch nach Rüebli mit Räucheraroma. Aber hier gilt, wie bei vielen Ersatzprodukten: Erst das Drumherum lässt den Star auf dem Teller glänzen. Sprich, mit Meerrettich-Schaum auf Toastbrot oder in einer Weisswein-«Lachs»-Sauce machen sich die gefischten Rüebli ganz vorzüglich. Und glaubt mir: Tante Erika und Onkel Kari werden beim Osterbrunch nicht mal merken, dass sie da anstatt in einen Fisch aus Alaska in ein Rüebli aus dem Berner Oberland beissen.

Und jetzt die traurige Wahrheit

Gut, wir haben uns jetzt nett und anständig über die veganen Alternativen zu Thunfisch und Lachs unterhalten. Und jetzt kommt der Grund, wieso ich es wichtig finde, dass es solche Produkte gibt. Sie entlasten nämlich hoffentlich irgendwann die Weltmeere. Um die steht es im Moment nämlich gar nicht gut. Ein vom WWF veröffentlichter Bericht zeigt, dass in den europäischen Gewässern über 60 Prozent der Fischbestände als überfischt klassifiziert werden. Heisst, zwei von drei Fischarten werden früher oder später aussterben, weil wir mehr aus dem Meer holen, als die Natur «nachproduzieren» kann. Und beim Thunfisch ist es besonders schlimm. Sechs von acht Thunfischarten sollen weltweit bereits gefährdet sein, so der WWF. Ganz zu schweigen davon, dass in den Netzen der Thunfischfänger auch oft Delfine, Haie oder Schildkröten mitgefangen werden, die dann jämmerlich verenden. Die teils verheerenden Zustände in den Weltmeeren werden auch in der neuen Netflix-Serie «Seaspiracy» (siehe Trailer oben) aufgezeigt. Der WWF empfiehlt den Film zwar, warnt aber in einem Blogeintrag:

Es wird jedoch auch erwähnt, dass wir in den Industriestaaten uns entscheiden könnten, ob wir Fisch essen möchten oder nicht.

Und darum finde ich: Wenn wir schon mit veganen Produkten das gleiche kulinarische Erlebnis erzeugen können und dabei noch die Umwelt schützen, wieso machen wir es denn nicht? Das Argument mit dem unechten Geschmack zieht nämlich nicht mehr. Und «weil wir es schon immer so gemacht haben» hat als Argument noch nie den Fortschritt begünstigt.

Also, besinnen wir uns an Ostern auf die christliche Nächstenliebe. Denn sollten wir tatsächlich mal als Fische im Meer gelebt haben, so gibt es wohl kaum jemand Näheres.

PS: Ich weiss, dass die Evolutionstheorie sehr unchristlich ist, sorry.

PPS: Hast du Erfahrungen mit veganen Fisch-Alternativen? Was hältst du davon? Schreib‘ es in die Kommentare.

veröffentlicht: 2. April 2021 11:47
aktualisiert: 2. April 2021 11:52
Quelle: PilatusToday

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