Coronavirus - Schweiz

Ständerat bei Wirtschaftshilfen weniger grosszügig als Nationalrat

· Online seit 10.03.2021, 10:45 Uhr
Nach zwei emotionalen Marathondebatten geht das Feilschen um das Covid-19-Gesetz in den Räten weiter. Im Fokus stehen bei der Differenzbereinigung die Finanzhilfen für Härtefälle. Der Ständerat will weit weniger Geld sprechen als der Nationalrat.
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Die kleine Kammer hat am Mittwoch verschiedene Ausweitungen des Härtefallprogramms abgelehnt. Beispielsweise will sie bei der Definition von Härtefällen beim geltenden Recht bleiben: Ein Härtefall liegt demnach vor, wenn der Umsatzeinbruch in der Corona-Krise mehr als 40 Prozent beträgt. Der Nationalrat will diese Schwelle auf 25 Prozent senken.

Christian Levrat (SP/FR), Präsident der Wirtschaftskommission des Ständerats (WAK-S), erinnerte daran, dass die Kosten für die Massnahmen im Auge behalten werden müssten. Alleine dieser Entscheid des Nationalrats koste die Steuerzahler weitere 3,5 Milliarden Franken.

Finanzminister Ueli Maurer sprach von einem «Ausgabenrausch» des Nationalrats, der verhindert werden müsse. Die grosse Kammer habe die Kosten für die Härtefallhilfen am Montag insgesamt um weitere fast 10 Milliarden Franken erhöht.

Kantonsanteil bei 70 Prozent

Die kleine Kammer erhörte Maurers Warnruf: Auch bei neu gegründeten Unternehmen hält sie daran fest, dass nur Unternehmen berücksichtigt werden, die vor dem 1. Oktober 2020 gegründet wurden. Der Nationalrat will dieses Datum streichen, was Mehrausgaben von rund 220 Millionen Franken bedeuten würde.

Weiter hält der Ständerat daran fest, dass Unternehmen mit einem Umsatz von über 5 Millionen Franken unter gewissen Bedingungen die erhaltenen À-fonds-perdu-Beiträge des Bundes zurückzahlen müssen. Unternehmen, die einen operativen Jahresgewinn erzielen, sollen keine À-fonds-perdu-Beiträge erhalten. Der Nationalrat ist da anderer Meinung.

Gefunden haben sich die Räte dagegen beim Verteilschlüssel der Finanzierung der Härtefallgelder. Der Finanzierungsanteil des Bundes bei Hilfsgeldern für Unternehmen mit einem Jahresumsatz von bis zu 5 Millionen Franken soll bei 70 Prozent bleiben und nicht auf 80 Prozent erhöht werden. Im zweiten Anlauf stimmte der Ständerat diesem Vorschlag des Nationalrats und des Bundesrats zu - mit 35 zu 8 Stimmen bei einer Enthaltung. Es geht um Ausgaben in Höhe von 600 Millionen Franken.

Keine Zusatzhilfe für Festivals

Nichts wissen will der Ständerat von einer Ausweitung des Erwerbsausfalls für die Eventbranche. Anders als der Nationalrat will die kleine Kammer den Veranstaltungsbereich im laufenden Jahr nicht mit zusätzlichen 350 Millionen Franken unterstützen. Dieser Entscheid fiel stillschweigend.

Knapp mit 22 zu 20 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt hat der Ständerat auch den Ausbau der Corona-Hilfen für Selbstständige. Gemäss Beschluss des Nationalrats sollen als massgeblich eingeschränkt neu Personen gelten, die in ihrer Unternehmung eine Umsatzeinbusse von mindestens 20 statt 40 Prozent im Vergleich zum durchschnittlichen Umsatz in den Jahren 2015 bis 2019 haben.

Die kleine Kammer will beim geltenden Recht bleiben. Finanzminister Maurer hält diesen «Mittelweg» als angemessen. Abgelehnt wurde auch die Verlängerung des Corona-Erwerbsersatzes von Ende Juni bis Ende Dezember 2021, wie ihn der Nationalrat vorschlägt.

Keine Gnadenfrist für Mietende

Festgehalten hat der Ständerat dagegen an seinem Ansinnen, die Unterstützung der Sportklubs zu vereinfachen. Um einfacher an À-fonds-perdu-Beiträge zu kommen, sollen die Klubs nach dem Willen der kleinen Kammer nicht mehr zu Lohnsenkungen gezwungen werden, wenn sie Unterstützungsgelder beantragen. Das lehnte der Nationalrat deutlich ab.

Nein sagt die kleine Kammer zu zusätzlichen Erleichterungen für Mieterinnen und Mieter, die mit der Bezahlung ihrer Mietzinsen und Nebenkosten im Rückstand sind. Der Nationalrat will die Zahlungsfrist für Betroffene ausdehnen und Mietvertragskündigungen innerhalb von sechs Monaten nach Aufhebung des Shutdown als nichtig erklären. Im Ständerat war dieses Anliegen chancenlos.

Noch nicht einigen konnten sich die Räte bei den finanziellen Beiträgen an kantonale Grundeinkommen. Der Nationalrat will solche Finanzhilfen für Kulturschaffende, wie sie kürzlich beispielsweise der Kanton Zürich beschlossen hat, nicht mit Bundesgeldern unterstützen. Der Ständerat sieht das anders und will auf einen entsprechenden Passus im Covid-19-Gesetz verzichten. Dieser Entscheid fiel stillschweigend.

Zahlreiche Differenzen

Offene Fragen gibt es noch beim Impfpass. Zwar sind sich die Räte einig, dass geimpfte Personen von allfälligen Quarantänemassnahmen befreit werden sollen. Dafür ist ein entsprechender Nachweis notwendig. Der Ständerat schlägt vor, dass der Bundesrat die dafür notwendigen rechtlichen Grundlagen sicherstellt und diese international anerkennen lässt.

Unterschiedlich beurteilt wird von den Räten das Risiko, dass die Grundstückpreise wegen der Corona-Krise unter Druck geraten könnten. Damit sich ausländische Unternehmen keine Grundstücke von notleidenden Schweizer Unternehmen unter den Nagel reissen können, will der Nationalrat, dass Verkäufe für zwei Jahre nach Ende der besonderen oder ausserordentlichen Lage bewilligungspflichtig werden. Der Ständerat lehnt diese Änderung der «Lex Koller» ab.

Erleichterungen sieht das Parlament bei den politischen Rechten vor. So sollen nicht nur bei Referenden, sondern auch bei Volksinitiativen die gesammelten Unterschriften auch ohne Stimmrechtsbescheinigung innerhalb der Fristen eingereicht werden können. Der Ständerat folgte oppositionslos dem Beschluss des Nationalrats.

Die Vorlage geht mit zahlreichen Differenzen zurück an den Nationalrat, der am Donnerstag wieder an der Reihe ist.

veröffentlicht: 10. März 2021 10:45
aktualisiert: 10. März 2021 10:45
Quelle: sda

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