30 Jahre trocken

Ich dachte mir: «Solange er schläft, kann er nicht trinken»

26.11.2020, 21:25 Uhr
· Online seit 26.11.2020, 19:06 Uhr
Über Jahre hinweg war der heute 70- jährige Toni aus Horw alkoholabhängig. Seit 30 Jahren ist er trocken. Zusammen mit seiner Ehefrau blickt er am heutigen Tag der anonymen Alkoholiker zurück auf seinen steinigen Weg.

Quelle: PilatusToday

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Die Sucht hat bei Toni begonnen, wie sie bei jedem hätte beginnen können: Mit 14 Jahren trank er sein erstes Kafi Luz. An diesem Abend blieb es allerdings nicht nur bei einem: «Mir hat damals die Wirkung von Alkohol so gut gefallen.» Doch ein regelmässiger Konsum blieb vorerst weg. Erst als Toni in die Lehre kam, wendete sich für ihn das Blatt: «Ich hatte eine beschissene Zeit in der Lehre, also habe ich Ablenkung im Alkohol gesucht.» Vor allem griff der damals 16-Jährige zu Bier und Kräuterschnaps, was damals die billigste Option war und für ihn die gewünschte Wirkung entfaltete.

15 Biere waren ein Tropfen auf den heissen Stein

Als 20-Jähriger jedes Wochenende betrunken zu sein, sei für ihn damals normal gewesen. Rückblickend hatte er im Gegensatz zu seinen Freunden aber wesentlich mehr Filmrisse, was für ihn der Beginn seiner Alkoholsucht war. Mit Mitte 30 waren für ihn 15 Biere ein Tropfen auf den heissen Stein. Trotzdem legte er zwischendurch immer wieder Abstinenz-Pausen von zwei Wochen bis drei Monaten ein. Dies brachte aber einen Jojo-Effekt mitsich: «Immer, wenn ich es über längere Zeit geschafft habe trocken zu bleiben, belohnte ich mich danach mit Alkohol.» So vollendete sich der Teufelskreis. Seine Sucht während dem Arbeitsalltag geheimzuhalten, war für Toni kein grosses Problem. Er habe während dem Tag nie getrunken, sondern immer erst nach dem Feierabend.

Für seine Ehefrau Marie-Theres war schon seit Beginn ihrer Beziehung klar, dass Toni sehr gerne etwas über den Durst trinkt. Zu Beginn habe sie sich dabei aber nichts Schlimmeres gedacht. Als aber auch sie den steigenden Alkoholkonsum bemerkte, wurde es ihr unwohl. «Ich hatte jeden Tag Angst, dass Toni einen Unfall verursacht». Toni arbeitete damals als fernfahrender Lastwagenchauffeur.

Sie selbst habe Toni aber nie mit dem Verdacht auf die Sucht angesprochen. Sogar ihre zwei Kinder schickte sie abends jeweils ins Zimmer, als Toni betrunken nach Hause kam und sich auf dem Sofa ausruhte: «Ich dachte mir immer, solange er schläft kann er nicht trinken.»

Auch Marie-Theres musste sich wegen der Sucht ihres Mannes aus dem sozialen Umfeld zurückziehen. «Ich musste alles aufgeben, ich schämte mich mit Toni unter die Leute zu gehen, da er immer betrunken war.» Deshalb entschloss sie sich, ihren Ehepartner zu verlassen. «Als ob er gespürt hätte, dass ich an diesem Abend gehen wollte, sagte er mir vor dem Schlafen: «Ich gehe am Montag zu den Anonymen Alkoholikern.» Marie-Theres blieb daraufhin bei ihm – bis heute.

Mittlerweile ist Toni bereits 30 Jahre weg vom Alkohol. Seiner Frau Marie-Theres fällt es bis heute schwer, über diese Zeit, die auch sie fest im Griff hatte, zu sprechen.

Zusammen betreiben die beiden den Verein «Alano-Treff» um Alkoholikern aus ihrer Sucht zu helfen. Verschiedene Hilfsangebote im Kanton Luzern findest du hier.

veröffentlicht: 26. November 2020 19:06
aktualisiert: 26. November 2020 21:25
Quelle: PilatusToday

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