Artenschutz

20 Forscher arbeiten an einer anerkannten Liste des Lebens

· Online seit 08.07.2020, 11:45 Uhr
Eine Inventarliste aller auf der Erde lebender Arten zu erstellen scheint einfach, doch es ist eine komplexe, bisher nicht gelöste Aufgabe. Forscher schlagen nun im Fachjournal «PLOS Biology» ein Verfahren vor, wie man zu einer einzigen Liste des Lebens kommt.
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Für einige Gruppen gibt es gleiche mehrere, zum Teil konkurrierende Inventarlisten, von anderen fehlen vollständige Kataloge. Ein einheitliches hierarchisches System nach Art, Gattung, Familie und so weiter ist nicht nur für die Wissenschaft wichtig, sondern auch für den Artenschutz.

Um den Gefährdungsstatus von Arten und ihren Lebensräume zu erheben und sie zu schützen, muss man sie eindeutig identifizieren können. Das ist auch juristisch relevant. Wenn beispielsweise eine Art als eigenständige Unterart und schützenswert gilt, gibt es keine Baugenehmigungen für ihren Lebensraum. Wenn sie hingegen zu einer grösseren, als Ganzes nicht gefährdeten Gruppe gezählt wird, kann nach Belieben ihr Lebensraum beschnitten werden.

Ein konkretes Beispiel: der Kalifornische Mückenfänger. Es gibt Taxonomen, die eine an der kalifornischen Küste lebende Population dieses kleinen Vogels als eigene Unterart klassifizieren, und andere, die das nicht für nötig halten.

Die Frage ist aber entscheidend, verlangt doch das US-Gesetz zum Schutz gefährdeter Arten bei einer bedrohten Unterart auch den Schutz des Lebensraums. «Der Lebensraum dieser Küstenpopulation des Vogels ist aber ein Multimilliarden-Dollar schweres Grundstücksgebiet. Wenn der Vogel nun eine eigene Unterart und schutzwürdig ist, bekommt man dort nie eine Baugenehmigung», so der Kurator der Säugetiersammlung im Naturhistorischen Museum (NHM) Wien, Frank Zachos,

Den «Catalogue of Life» aufräumen

Entsprechend gibt es zahlreiche Projekte, die sich um eine vollständige Inventarliste einer Gruppe bemühen. Dazu zählen etwa das «World Register of Marine Species» (WoRMS) oder gleich vier verschiedene Vogellisten. «Das Problem ist, dass es derzeit zu viele Listen gibt», sagt Zachos. Die Anfang der 1990er Jahre gestartete Initiative «Catalogue of Life» (CoL) versammelt mehr als 170 solcher Listen, ohne die Krux konkurrierender Verzeichnisse zu lösen.

Ein rund 20 Forscher umfassendes Team hat nun zehn Prinzipien vorgeschlagen hat, um eine anerkannte Liste aller auf der Erde lebenden Arten zu erstellen und zu verwalten. Sie schlagen eine Art Qualitätsmanagement vor, um auf breiter, demokratischer und transparenter Basis zur einer Liste zu kommen, auf die man sich geeinigt hat und mit der man arbeiten kann.

Geplant ist, eng mit dem «Catalogue of Life» zusammenarbeiten, der aber modifiziert werden soll. Der CoL werde von Taxonomen gepflegt und begutachtet, aber es gebe kein einheitliches transparentes Verfahren und Prinzip, wo deutlich werde, warum eine Art auf dieser Liste stehe respektive warum nicht, oder etwa dass Art A in Art B enthalten sei. «Wir wollen, dass man sich in Streitfällen nach bestimmten Kriterien einigt, diesen Prozess transparent macht und das bei einem noch zu gründenden Komitee meldet.»

Zachos rechnet damit, dass dies eine Arbeit von Jahrzehnten sein wird, aber das Rahmenprogramm und die ersten Vorgänge, an denen man sich dann orientieren kann, sollten innerhalb der nächsten zehn Jahre sichtbar werden.

*Fachartikellink https://doi.org/10.1371/journal.pbio.3000736)

veröffentlicht: 8. Juli 2020 11:45
aktualisiert: 8. Juli 2020 11:45
Quelle: sda

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