60 Jahre Eichmann-Prozess: Mahnung zur Verfolgung von Völkermördern
Der SS-Obersturmbannführer Eichmann hatte während der NS-Zeit Millionen Juden in Vernichtungslager deportieren lassen. Nach dem Krieg konnte der ehemalige Leiter des Judenreferats im Reichssicherheitshauptamt zunächst nach Argentinien fliehen. Im Mai 1960 überwältigten ihn jedoch israelische Agenten und entführten ihn in den jüdischen Staat, um ihn dort vor Gericht zu stellen.
Zur Rolle der Behörden und der Justiz in Deutschland erklärte Heubner: «Bis heute ist den Überlebenden auch bewusst, dass staatlichen Stellen in Deutschland lange vor dem Jerusalemer Prozess bekannt war, wohin Eichmann und andere NS-Täter entkommen waren. Ein Interesse, ihn nach Deutschland ausliefern zu lassen und dort vor Gericht zu stellen, bestand nicht.»
Weiter erklärte Heubner: «Umso dankbarer sind die Überlebenden bis heute für diesen Prozess in Jerusalem, der für sie immer noch als Erinnerung daran gilt, dass es auch in Zukunft für Völkermörder kein Entkommen geben darf und dass die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen gerade in Deutschland fortgesetzt werden muss.»
Der weltweit aufsehenerregende Prozess gegen Eichmann dauerte nach dem Auftakt am 11. April 1961 acht Monate und endete mit dem Todesurteil. Der Prozess gilt als ein zentraler Auslöser der Aufarbeitung der NS-Verbrechen. Chefankläger Gideon Hausner sagte 1961 in seinem Eröffnungsplädoyer: «Ich stehe nicht allein, mit mir hier stehen sechs Millionen Ankläger.»
Mehr als 100 Zeugen wurden während des Prozesses befragt. Eichmann ist bis heute der Einzige in Israels Geschichte, gegen den die Todesstrafe vollstreckt wurde.
Die israelische Staatsanwaltschaft schrieb vor dem 60. Jahrestag: «Die Auswirkungen des Prozesses reichten weit über den Gerichtssaal in Jerusalem hinaus, sie fanden einen Widerhall in ganz Israel und auf der ganzen Welt.» Anders als bei vorherigen NS-Prozessen, etwa in Nürnberg, hätten beim Eichmann-Prozess die Opfer im Mittelpunkt gestanden. «Während des Prozesses bekamen Holocaust-Überlebende die Gelegenheit auszusagen. Ihre Aussagen änderten die Wahrnehmung des Holocausts und die spätere Behandlung der Überlebenden.»