Beirut

Ammoniumnitrat lagerte vermutlich auf einem Frachtschiff

05.08.2020, 12:25 Uhr
· Online seit 05.08.2020, 05:00 Uhr
Nach der gewaltigen Detonation in Beirut mit mehr als 100 Toten und 4'000 Verletzten beginnt im Libanon die Suche nach möglichen Ursachen. Ausgelöst haben könnte die schwere Explosion eine sehr grosse Menge Ammoniumnitrat.

Quelle: CH Media Video Unit / AP

Anzeige

Schätzungsweise 2'750 Tonnen der gefährlichen Substanz seien jahrelang ohne Sicherheitsvorkehrungen im Hafen von Beirut gelagert worden, sagte Ministerpräsident Hassan Diab dem Präsidialamt zufolge. Hinweise auf einen Anschlag oder einen politischen Hintergrund gab es am Dienstag nicht.

Ausreise nach juristischem Streit

Ammoniumnitrat, das auch zur Herstellung von Sprengsätzen dient, kann bei höheren Temperaturen detonieren. Die Substanz dient zum Raketenantrieb und vor allem zur Herstellung von Düngemittel. Der Stoff könnte von einem Frachtschiff stammen, dem libanesische Behörden laut Berichten im Jahr 2013 wegen verschiedener Mängel die Weiterfahrt untersagt hatten. Das Schiff war demnach von Georgien aus ins südafrikanische Mosambik unterwegs. Der Besatzung gingen dann Treibstoff und Proviant aus, der Inhaber gab das Schiff offenbar auf. Der Crew wurde nach einem juristischen Streit schliesslich die Ausreise genehmigt. Das Schiff blieb zurück mit der gefährlichen Ladung, die in einem Lagerhaus untergebracht wurde.

Präsident Michel Aoun rief für den heutigen Mittwoch eine Dringlichkeitssitzung des Kabinetts ein, um die Ursachen der Explosion zu klären. «Ich werde nicht ruhen, ehe ich den Verantwortlichen kenne und ihm die härteste Strafe gebe», sagte Aoun laut Zitaten des Präsidialamts bei Twitter. Regierungschef Diab erklärte den Mittwoch zum Tag landesweiter Trauer in Gedenken an die Opfer. Für die Stadt wurde ein zwei Wochen langer Notstand verhängt.

Trump vermutet Anschlag

Regierungen anderer Länder zeigten sich betroffen und stellten rasche Unterstützung in Aussicht. Die Europäische Union und Frankreich - frühere Mandatsmacht des Libanon - stellten Hilfen bereit. Uno-Generalsekretär António Guterres reagierte bestürzt und drückte den Familien der Opfer sein «tiefstes Beileid» aus.

US-Präsident Donald Trump schien den Vorfall als Anschlag einzustufen: Seine «Generäle» gingen von einer Art Bombe aus, sagte Trump im Weissen Haus. Die Explosion deute nicht auf einen Unfall hin, sagte Trump unter Berufung auf seine Militärberater.

Quelle: Samuel Schumacher

Selbst Israel, das mit dem benachbarten Libanon keine diplomatischen Beziehungen pflegt, bot über ausländische Kanäle «medizinische humanitäre Hilfe» an. Offiziell befinden sich beide Länder noch im Krieg. Spekulationen, dass Israel hinter der Explosion stecken könnte, räumte Aussenminister Gabi Aschkenasi aus.

veröffentlicht: 5. August 2020 05:00
aktualisiert: 5. August 2020 12:25
Quelle: sda

Anzeige
Anzeige
redaktion@pilatustoday.ch