60. Geburtstag Maradona

Auf dem Platz genial, im Leben oft gescheitert

· Online seit 30.10.2020, 07:03 Uhr
Mit Diego Armando Maradona feiert am Freitag einer der grössten Fussballer aller Zeiten seinen 60. Geburtstag. Dass der Argentinier diesen erlebt, ist nicht selbstverständlich. Mehrmals sprang er dem Tod von der Schippe.
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Puskas, Pelé, Maradona, Zidane, Messi oder doch Cristiano Ronaldo? Die Frage nach dem grössten Fussballer aller Zeiten wird nie beantwortet werden. Zu unterschiedlich waren die Epochen, in denen diese gespielt haben, zu schwierig die Vergleichbarkeit ihrer Erfolge, zu unterschiedlich ihre Spielweise.

Über keinen anderen Fussballer entstand aber eine solche Kontroverse wie über Diego Armando Maradona, geboren am 30. Oktober 1960 in Lanus. Auch ausserhalb Argentiniens ist er für viele der Grösste, den dieser Sport je gesehen hat. Andere halten ihn für eine gescheiterte, bemitleidenswerte Existenz, die den Drogen, dem Alkohol und den Frauen verfallen war und während seiner Zeit in Neapel zum Spielball der Camorra wurde.

Der 2019 erschienene Film «Diego Maradona» vom britischen Regisseur Asif Kapadia zeigt den Aufstieg und Fall von «El Pibe de Oro», dem Goldjungen aus dem Armenviertel Villa Fiorito im Süden von Buenos Aires. Wie er bereits in jungen Jahren dank seines Talents und Könnens zum Hoffnungsträger und Oberhaupt der Familie wurde. Wie er zum besten und spektakulärsten Spieler seiner Generation aufstieg. Wie er als Fussballer und Mensch abstürzte, bis ihn die Menschen aus der einst ihm zu Füssen liegenden Stadt verbannten.

Es sind eindrückliche Bilder aus dem Privatarchiv des Fussballers und dessen Ex-Frau Claudia Villafañe, eines Mitglieds eines Napoli-Fanclubs sowie zweier Kameraleute, die Maradona über Jahre begleiteten. Sie helfen den Mythos, aber auch die Verklärung und die Tragik um die Person Maradona zu verstehen. Auf der einen Seite die Vergötterung durch die neapolitanischen Tifosi nach seiner Ankunft und den bis heute einzigen beiden Meistertiteln 1987 und 1990. Auf der anderen Seite die menschlichen Abgründe des Superstars, dem die Kontrolle über das Leben entgleitet. «Mit Diego würde ich bis ans Ende der Welt gehen, aber mit Maradona nicht einen Schritt», beschreibt der persönliche Fitnesstrainer Fernando Signorini diesen Zwiespalt.

«Hand Gottes» und «Tor des Jahrhunderts»

Auf dem Platz zeigten sich die Extreme von Maradonas Persönlichkeit nie offensichtlicher als am 22. Juni 1986 im Aztekenstadion in Mexico City, als Argentiniens Nummer 10 im WM-Viertelfinal gegen England (2:1) innerhalb von knapp vier Minuten die neben dem Wembley-Treffer 1966 berühmtesten Tore in der Historie des Fussballs erzielte. Das 1:0 ging als die «Hand Gottes» in die Geschichtsbücher ein, das Solo zum 2:0 als «Tor des Jahrhunderts».

Nie war ein einzelner Spieler an einem grossen Turnier so dominant wie Maradona an jener WM 1986 in Mexiko. Praktisch im Alleingang führte er eine mässig talentierte argentinische Mannschaft zum WM-Titel, dem zweiten für die Albiceleste nach 1978.

Gegen Südkorea (3:1) und Bulgarien (2:0) war er wie im Achtelfinal gegen Uruguay (1:0) oft nur mit Fouls zu stoppen, beim 1:1 gegen Italien erzielte er den Ausgleich. Im Halbfinal gegen Belgien schoss Maradona beide Tore zum 2:0-Sieg, den Final gegen Deutschland entschied er kurz vor Schluss mit einem Geniestreich. Sein Pass in die Tiefe verwertete Jorge Burruchaga zum 3:2.

Ein ständiges Auf und Ab

Auch nach der Karriere blieb Maradonas Leben unstet. Er versuchte sich als Trainer mit bescheidenem Erfolg. Seine Engagements in seiner Heimat, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Mexiko endeten eher früher als später. Auch seine Tätigkeit als Präsident des weissrussischen Klubs Dynamo Brest 2018 blieb ein kurzes Intermezzo. Die argentinische Nationalmannschaft führte er an der WM 2010 in den Viertelfinal, den sie gegen Deutschland nach einem taktischen Debakel 0:4 verlor. Seit 2019 trainiert Maradona den argentinischen Erstligisten Gimnasia aus La Plata.

Neben dem Fussballfeld versuchte er sich als Moderator der argentinischen Sendung «La noche del 10», in der er Persönlichkeiten wie Pelé, Fidel Castro oder Mike Tyson interviewte. Neben Castro fühlte sich Maradona auch anderen sozialistischen Führern Lateinamerikas verbunden. Auf seinem Oberarm ist der kubanische Revolutionär Che Guevara mit einem Tattoo verewigt.

Sein Suchtverhalten kriegte Maradona nie in den Griff. Noch vor seinem 40. Geburtstag erlitt er einen Herzinfarkt als Folge einer Überdosis Kokain. Später folgten weitere längere Spitalaufenthalte; mal wegen Alkoholmissbrauchs, mal wegen einer Hepatitis, mal wegen seines chronischen Übergewichts, weswegen er sich einer Magenverkleinerung unterzog. Kurz vor seinem Sechzigsten am Freitag soll sich Maradona in Quarantäne begeben haben. Es ist eine Vorsichtsmassnahme, ein Leibwächter hat sich mit dem Coronavirus infiziert.

veröffentlicht: 30. Oktober 2020 07:03
aktualisiert: 30. Oktober 2020 07:03
Quelle: PilatusToday

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