Wahlfälschung

Ex-Stadtschreiber von Frauenfeld wegen Wahlfälschung angeklagt

· Online seit 26.03.2021, 11:30 Uhr
Der ehemalige Stadtschreiber von Frauenfeld, Ralph Limoncelli, soll bei der Thurgauer Grossratswahl vom 15. März 2020 Wahlzettel manipuliert haben. Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage wegen Wahlfälschung gegen ihn. Der Beschuldigte bestreitet die Vorwürfe.
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Die Staatsanwaltschaft informierte am Freitag über den Abschluss der Strafuntersuchung. Basierend auf den Untersuchungsergebnissen werde Anklage beim Bezirksgericht Frauenfeld erhoben. Gegen den früheren Stadtschreiber wird eine bedingte Gefängnisstrafe von 15 Monaten und eine Busse von 3000 Franken beantragt.

Generalstaatsanwalt Stefan Haffter machte auf Anfrage keine weiteren Angaben, etwa zum Motiv des Beschuldigten oder zur Beweislage. Die Anklage richte sich gegen keine weiteren Personen, sagte Haffter der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Ein Gerichtstermin ist noch nicht bekannt.

Der Beschuldigte, ein ehemaliger Thurgauer CVP-Kantonsrat, bestreitet die Vorwürfe, wie es im Communiqué heisst. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens gelte die Unschuldsvermutung.

Rund 100 Wahlzettel manipuliert

Limoncelli soll bei der Erneuerungswahl des Thurgauer Grossen Rats im März 2020 in seinem Bezirk gegen 100 Wahlzettel der Grünliberalen (GLP) vernichtet und durch manipulierte Wahlzettel der SVP ersetzt haben. Dadurch gewann die SVP einen zusätzlichen Sitz.

Vertreter der GLP-Bezirkspartei fanden das Wahlergebnis nicht plausibel und brachten Anfang April 2020 die Strafuntersuchung ins Rollen. Bei Nachkontrollen kamen mehrere Unregelmässigkeiten bei der Auszählung der Stimmen im Bezirk Frauenfeld ans Licht.

Der Grosse Rat korrigierte am 1. Juli den Wahlbetrug und sprach den fraglichen Sitz der GLP zu. Ebenfalls im Juli schrieb der Kanton die Beschaffung eines neuen elektronischen Wahl- und Abstimmungssystems aus. Es soll Wahlfälschungen in Zukunft verunmöglichen.

Der beschuldigte Ex-Stadtschreiber kündigte seine Stellung bei der Stadt Frauenfeld im vergangenen August. Kurze Zeit später wurde er vom Stadtrat freigestellt, ohne dass die Behörde Gründe dafür nannte.

Limoncelli beteuert Unschuld

In einer Stellungnahme schrieb Ralph Limoncelli am Freitag, die Anschuldigungen seien falsch. «Ich habe ein reines Gewissen, weshalb ich dem Gerichtsverfahren gelassen entgegenblicke». Es sei ihm unerklärlich, wie auf Grund der Faktenlage Anklage erhoben werden könne, heisst es in der Mitteilung.

«Es scheint, als müsse aus rein politischen Gründen zwingend eine Person vor Gericht gezerrt werden», so Limoncelli. Er habe kein Motiv für eine Wahlmanipulation.

Der Frauenfelder Stadtrat entschuldigte sich in einer Mitteilung «in aller Form» für die Vorkommnisse bei der Grossratswahl 2020. Sobald die Behörde Einsicht in die Anklageschrift erhält, will sie prüfen, ob es weiteren Handlungsbedarf für die Organisation und die Durchführung von Wahlen und Abstimmungen gibt.

Der Stadtrat habe keinen Grund, an der Unschuld des ehemaligen Stadtschreibers zu zweifeln, heisst es im Communiqué weiter. Dieser habe jeweils zeitnah über bevorstehende Einvernahmen - zunächst als Auskunftsperson, dann als Beschuldigter - informiert und dabei stets seine Unschuld beteuert.

veröffentlicht: 26. März 2021 11:30
aktualisiert: 26. März 2021 11:30
Quelle: sda

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