Deutschland

Kölner Missbrauchsskandal: zwei Mitarbeiter von Pflichten entbunden

18.03.2021, 16:17 Uhr
· Online seit 18.03.2021, 15:55 Uhr
Im Missbrauchskandal im Erzbistum Köln hat Kardinal Rainer Maria Woelki nach der Vorstellung eines Gutachtens zwei Mitarbeiter vorläufig von ihren Dienstpflichten entbunden. Woelki selbst wurde vom Gutachter ausdrücklich in Schutz genommen.
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Die Missbrauchsvorwürfe hatten in Deutschland schon seit längerem Schlagzeilen gemacht. Das Erzbistum Köln ist eines der ältesten und mit rund 1,9 Millionen Katholiken im Diözesangebiet das grösste Bistum im deutschsprachigen Raum. Woelki ist einer von drei deutschen Kardinälen im stimmberechtigten Alter und gilt in der Deutschen Bischofkonferenz als ein Vertreter des konservativen Flügels.

Er teilte am Donnerstag nun mit, dass Weihbischof Schwaderlapp und Offizial Günter Assenmacher mit sofortiger Wirkung vorläufig von ihren Aufgaben entbunden wurden. Dominikus Schwaderlapp war früher Generalvikar des Erzbistums und ist heute Weihbischof. Assenmacher ist als Offizial unter anderem für kirchengerichtliche Angelegenheiten zuständig.

Die vorläufige Entbindung von ihren Aufgaben durch Woelki war eine Reaktion auf ein neues Gutachten des Strafrechtlers Björn Gercke. Der Jurist hat den Umgang des Erzbistums mit Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs untersucht. Der Fokus lag nicht auf den Tathergängen, sondern auf dem Agieren der Bistumsleitung.

Gercke benannte darin auch andere Kirchenverantwortliche. Dem heutigen Hamburger Erzbischof Stefan Hesse warf er elf Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Aufarbeitung von Missbrauchsvorwürfen in Köln vor. Hesse war vor seiner Berufung nach Hamburg Personalchef und Generalvikar in Köln. Er bestreitet bisher die bereits in anderem Zusammenhang gegen ihn erhobenen Vorwürfe.

Die meisten Pflichtverletzungen stellte Gercke bei seinen Untersuchungen bei dem 2017 verstorbenen Kardinal Joachim Meisner fest. Bei dessen Nachfolger Woelki sehen Gercke und sein Team dagegen keine Pflichtverletzungen.

Gercke stellte ein insgesamt 800 Seiten starkes Gutachten vor. Die Auswertung der Akten von 1975 bis 2018 habe unter anderem ergeben, dass sich Jahrzehnte offenbar niemand getraut habe, solche Fälle zur Anzeige zu bringen, kritisierte er. Ein erstes Gutachten einer Münchner Kanzlei war von Woelki unter Verschluss gehalten worden, wofür er rechtliche Bedenken anführte. Dieses Verhalten Woelkis hatte eine Vertrauenskrise im grössten deutschen Bistum ausgelöst.

Woelki wurde von Gercke nun allerdings ausdrücklich in Schutz genommen. «Medial wäre es für uns am einfachsten gewesen, Herrn Woelki hier zum Schafott zu führen», sagte der Strafrechtler. Dafür gebe es aber keine Grundlage. Auch in dem zurückgehaltenen Münchner Gutachten sei Woelki nicht belastet worden.

veröffentlicht: 18. März 2021 15:55
aktualisiert: 18. März 2021 16:17
Quelle: sda

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