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25-Jahr-Jubiläum

So hat Google unser Verhalten verändert

Janis Schaller, 4. September 2023, 15:39 Uhr
Seit einem Vierteljahrhundert können wir googeln. Früher musste man für Informationen noch in die Bibliothek, mittlerweile erhält man eine passende Antwort mit wenigen Stichworten in der Google-Suchmaschine. Doch wie hat der Suchgigant uns verändert? Ein Experte schätzt ein.
Daniel Speich von der Universität Luzern spricht darüber, wie Google unser Verhalten verändert hat.
© KEYSTONE/DPA/Lukas Schulze / Universität Luzern
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«Google gibt es seit 25 Jahren und hat alles verändert», sagt Daniel Speich, Professor für Globalgeschichte an der Universität Luzern. Mit der Gründung des Tech-Konzerns am 4. September 1998 sei eine neue Epoche der Informationsbeschaffung eingeläutet worden.

Google hat Vorteile, aber auch Gefahren

Konkret hat sich mit Google vor allem die Verfügbarkeit von Information komplett verändert. Das bringt auch viele gute Sachen mit sich. Speziell in Drittweltländern ermöglicht die Suchmaschine Personen, sich eigenhändig Informationen zu beschaffen und so beispielsweise ihr eigenes Geschäftsmodell aufzubauen, erklärt Daniel Speich.

Es gäbe aber auch kritische Punkte. Google überprüft beispielsweise die Inhalte nicht. Dadurch können auch Beiträge mit Falschinformationen in den Suchergebnissen weit oben erscheinen, wenn ein Artikel auf genügend Interesse stösst oder vom Verfasser ausreichend beworben wird. Die Nutzerinnen und Nutzer müssen sich laut dem Uni-Professor also selbständig und kritisch mit den Inhalten auseinandersetzen, was nicht immer funktioniert.

Vielfalt an Informationen

Zu sagen, dass man durch die Google-Suche über die Jahre naiver oder fauler geworden sei, wäre aber falsch, betont Speich. Die Suchmaschine bildet ein gigantisches Sammelbecken an Informationen. Dass alle sehr einfach an diverse Informationen und Meinungen gelangen können, erhöhe die Meinungsvielfalt bei gesellschaftlichen- und politischen Themen enorm. Das mag für die einen inspirierend und spannend sein, für andere überfordernd und anstrengend.

Fake-News sind problematisch

Als Dozent an der Universität Luzern sieht sich auch Daniel Speich immer wieder mit Falschinformationen im Netz konfrontiert. Dies allerdings nicht in allen Fachbereichen. Je vertiefter und spezifischer der Inhalt wird, desto mehr nehme das Problem von Fehlinformationen ab. Gerade über Geschichtsthemen findet man kaum vertiefte Artikel im Internet.

Das sieht bei «Mainstream-Fächern» wie beispielsweise Wirtschaft anders aus. Dort gibt es im Internet massenhaft Informationen zu finden, unter anderem auch viel Unbrauchbares. Aber Lügen gab es auch schon vor dem Internet und Google. «Das Problem beginnt dann, wenn Leute behaupten, ihre Lüge sei wahr», sagt Speich. Umso wichtiger sei es, dass die Leute lernen, woher die Informationen stammen und welche Interessen sich dahinter verbergen.

Google-Effekt ist nicht nur negativ

Verschiedene Studien äussern sich über den sogenannten Google-Effekt (siehe Box). Zwar ist das menschliche Gehirn noch immer fähig, Dinge auswendig zu lernen, aber wir machen es einfach nicht mehr gerne. Das sei nicht nur negativ. Denn warum sollten wir auch, wenn wir das Kochrezept, die Mathe-Formel oder den Songtext so einfach im Internet finden können?

Woher die Informationen kommen, ist in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. Dafür hat das, was in den Informationen steht, an Bedeutung verloren. So ganz nach dem Prinzip von Albert Einstein «Wissen heisst wissen, wo es geschrieben steht.»

Ein Leben ohne Google? Wohl nicht für alle möglich

Doch was passiert, wenn Google von heute auf morgen verschwinden würde oder für längere Zeit offline wäre? «Man würde feststellen, dass es wichtig für die Gesellschaft wäre, in Bibliotheken zu investieren», meint Speich.

Tatsächlich wählt man tendenziell eher den schnellen Weg des Internets, um an die gewünschten Informationen zu kommen, statt sich in der Bibliothek zwischen den Büchern und Magazinen irgendwie zurechtzufinden. Das viele im Alltag aufgeschmissen wären ohne Google, ist wohl nicht ganz falsch.

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(jas.)

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Quelle: PilatusToday
veröffentlicht: 4. September 2023 19:01
aktualisiert: 4. September 2023 19:01
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